25-manna und keiner mehr
Beim letzten TUMOL vor einem Jahr unterbreitete unser Ober-Schwede Norbert Zenker den Vorschlag, als erster deutscher Verein beim größten Wettbewerb für Vereinsstaffeln, der 25-manna in Schweden, mit einer Staffel anzutreten. Das Besondere bei dieser Staffel ist, dass im Unterschied zu anderen skandinavischen Staffelwettbewerben per Reglement eine bestimmte Anzahl Nachwuchs- und Altersklassenläufer vorgeschrieben ist, so dass ein Verein in seiner gesamten Mitgliedsbreite gefordert ist. So wurde bis Mitte des Jahres ein 26-köpfiges TU-Dream-Team geformt, um den skandinavischen Vereinen das Fürchten zu lehren. Dann jedoch versuchte sich Annegret Fromke im Urlaub an einer Sportart, bei der Füße und ein Ball eine gelegentlich unheilvolle Allianz eingehen, was die Anzahl der Ersatzläufer schlagartig auf Null reduzierte. Die Folge war, dass sich nun niemand mehr verletzen durfte, ersparte uns andererseits aber eine Diskussion darüber, wer den Ersatzläufer geben musste und ermöglichte Annegret außerdem eine steile Funktionärskarriere. Doch der Reihe nach.
Eine Woche vor dem Wettkampf begann die Anreise, die das Team zu Land, zu Wasser und in der Luft aus halb Europa zusammenführte und bis zum Abend vor der Staffel andauerte, so dass es fast schon ein Wunder war, dass wir am Ende komplett waren. Unterkunft war in Södertälje im Quartier des örtlichen Basketballvereins, wobei ich mich schon frage, wie Basketballer in diese Betten passen. Zur Vorbereitung wurde auf verschiedenen Karten in der Umgebung trainiert, wobei die Schwierigkeitsgrade gemäß Einschätzung eines Schwedenneulings (nämlich mir) von „ist ja einfach“ bis “Holt mich hier raus!“ variierten. Als Highlight konnten wir auf den 25-manna-Trainingsbahnen des örtlichen Klubs und späteren Siegers aus Södertälje trainieren, auf denen wir unsere Staffelaufstellung nochmals überprüften. Daneben blieb aber auch genügend Zeit zur Besichtigung von Stockholm oder für einen Besuch bei Herrn Tucholsky in Mariefred. Die letzten beiden Abende vor der Staffel wurde auf Teambesprechungen der Ablauf des Wettbewerbs unter Verwendung des Reglements ausführlichst diskutiert. Kurz zum Ablauf: Die Staffel beginnt mit zwei nacheinander zu laufenden Einzelstrecken, bevor dann auf fünf Bahnen jeweils vier Läufer gleichzeitig laufen, bevor die letzten drei Läufer wieder einzeln nacheinander starten. Breiten Raum in der Diskussion nahm dabei besonders der Wechsel des zweiten Einzelläufers auf der erste Vierergruppe ein, da diese nur aus Frauen bestehen durfte, diese gleichzeitig loslaufen und sich noch darüber unterhalten durften, wer welche Karte nimmt! Ansonsten gaben die Läufer, die Erfahrungen mit skandinavischen Staffelwettbewerben hatten, eine kurze Einführung über übliche Abläufe und die Verwendung von Ellenbogen bei zu erwartenden Engpässen an neuralgischen Punkten, so dass wir uns alle gut gerüstet fühlten.
Die Staffel fand rund um einen ehemaligen Flugplatz statt, dessen Rollbahn als Parkplatz genutzt werden konnte. Immerhin mussten bei 360 Staffeln etwa 9000 Leute untergebracht werden. Nichtstarterin Annegret wurde zur Teamleiterin befördert und durfte deshalb den Wechselraum betreten, wo sie die jeweiligen Wechselläufer einwies, Chipnummern verglich und die Wechselzeitpunkte in der innerhalb der Wechselzone geltenden FEZ notierte. Dahinter verbirgt sich die Fromkesche Einheitszeit, die von der ansonsten in Schweden geltenden MEZ um etwa 12 Minuten abweicht und die Fähigkeiten des Kopfrechnens bei den Wechselläufern auffrischte, was der sehr guten Arbeit aber keinen Abbruch tat.
Genug der Vorrede: Startläufer Karsten Leideck durfte sich mit 360 Konkurrenten gleichzeitig in den Wald schlagen und überstand das Ganze äußerlich ohne große Blessuren mit sehr guter Leistung unbeschadet. Alex Lubs als zweiter Läufer lief routiniert und der viel besprochene Wechsel klappte hervorragend, wie überhaupt die ganze Wechselei sehr viel einfacher war als vorher befürchtet. Die Vierergruppen liefen und wechselten, auch Rainer Müller bewältigte seine mit orientierungstechnischen Schwierigkeiten nur so gespickte Strecke sicher und die letzte Vierergruppe übergab Diethard Kundisch drei bunte Blätter und dann die Karte, auch wenn die Zeitabstände vielleicht etwas groß waren. Die drei Schlussbahnen waren fest in der Hand der Familie Kundisch in der Reihenfolge Diethard, Wieland und Sieglinde, die uns am Ende mit einer Zeit ins Ziel lief, die etwa für Platz 130 gereicht hätte. Leider nur „hätte“. Ab etwa Mitte des Rennens waren wir Bestandteil der immer länger werdenden Liste disqualifizierter Staffeln, nachdem sich von einem SI-Chip ein Posten verflüchtigt hatte und uns in diesem Fall die geballt anwesende Detailkenntnis der deutschen WKB mal nicht weiterhalf. Am Ende teilten wir unser Schicksal mit 86 (!) anderen Staffeln und wenn man sich ansieht, wie es anderen Staffeln erging…. So wurden zum Beispiel die auf den Plätzen 4 und 5 ins Ziel gelaufenen Staffeln von ihren jeweiligen Schlussläuferinnen ins Ergebnis-Nirwana katapultiert.
So ging der Tag im WKZ mit einer relativ stimmungslosen Siegerehrung, einer vom Veranstalter persönlich vorgetragenen Einladung für das nächste Jahr und Leif Baders Versuchen, uns zu einem lächelnden Mannschaftsfoto zu bringen zu Ende. Wie schwierig letzteres war, sieht man daran, dass der eine oder andere dann schon einen Stuhl brauchte. Eine lobende Erwähnung verdient noch Jakob Löhning, der gemeinsam mit Jan Müller den vermutlich schwierigsten Kinder-OL seit Menschengedenken (ernsthaft!) erfolgreich absolvierte. Auf der Rückfahrt ins Quartier heiterten Diethard und Achim Gerhardt ihre Busbesatzung mit statistischen Berechnungen zu den Wahrscheinlichkeiten, dass eine 25-manna-Staffel einen Fehlstempel produziert (sehr hoch, bewiesen) oder eine Senioren-WM unbeschadet zu überstehen (eher gering) noch mal so richtig auf.
Der Abend klang dann im Quartier in ruhiger Runde mit einer nicht immer ganz ernsthaften Auswertung und Danksagungen an Nobbi als Initiator und Organisator und Achim als Chef de la Cuisine gemütlich aus.
Am nächsten Tag machten sich alle auf die diversen Heimwege und im Laufe des Sonntages trafen alle gesund und munter wieder zu Hause ein, was bei einem derartigen Ausflug ja immer noch das Allerwichtigste ist!
Und nun? Nach der Staffel ist bekanntlich vor der Staffel. Und nachdem das für dieses Jahr gesteckte Ziel, als deutscher Verein am Start zu stehen erfüllt wurde, sollten wir nun den nächsten Schritt wagen und als erster deutscher Verein eine Staffel in Wertung ins Ziel bringen. Nun ist der Regelpassus, dass die jeweils fünfte Staffel eines Vereins nur die Hälfte zahlt und ab der sechsten Staffel ein Start kostenlos, vielleicht nicht ganz erreichbar, aber je mehr desto gut. Das Besondere an dieser Staffel ist, dass man mit sehr vielen Leuten ein gemeinsames Team bildet und sich anfeuert und nicht drei Leute wie sonst für sich kämpfen. Und besonders motivieren sollte uns alle, dass wir im nächsten Jahr den Zieleinlauf mit einer neuen Vereinsfahne feiern können – oder, Henryk?
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