13.08.2008

Der Rady’s Gebirgsmarathon 2008 in Lenzerheide

von Andreas Lenk

Am Donnerstag Nachmittag starteten drei Dresdner Teams mit dem Bus in Richtung Schweiz. Dazu gehörten Schmotzi, Alex Richter und Robert Zierold (Post) sowie ich und mein langjähriger MIMM-Teampartner Dom. Leider hatte sich Alex Reimann am Tag vorher den Fuß gebrochen, eine recht radikale Art der außergewöhnlichen Belastung zu entgehen. Gute Besserung an dieser Stelle!
Für alle, die diesen zuerst unter „Karrimor 2 Days Mountain Marathon“ bekannten, danach in „MIMM“ umbenannten und jetzt „Rady’s Mountain Marathon“ heißenden Wettkampf noch nicht kennen: Es handelt sich um einen zwei Tage andauernden 2er-Mannschaftslauf durch hochalpines Schweizer Gelände. Man muss dabei wie beim klassischen OL eine Postenstrecke bewältigen, allerdings mit einigen Besonderheiten: Für die geplante Übernachtung im Biwak auf über 2000m ist sämtliches Gepäck am Mann mitzuführen, das Material ist teilweise vorgeschrieben (Kocher, Schlafsack, Trillerpfeife u.v.a.). Wenn man keine teure Spezialausrüstung besitzt, bedeutet das also im Normalfall etwa 7-10 kg Gepäck pro Läufer. Des Weiteren sind die Strecken ausgesprochen lang, so hatte die von uns allen gelaufene Kategorie „Orienteering short“ bereits ca. 12 km Luftlinie und ca. 1500 Hm pro Tag zu bieten. Das Ganze kann man vom körperlichen Anspruch her vielleicht mit zwei 40km-Läufen in der Ebene ohne Gepäck vergleichen. Karten (1:25.000 Äquidistanz 20m) gibt es am Tag zuvor, am Start erhält man dann jeden Tag einen „Aufgabenzettel“ mit den Koordinaten der relativ wenigen Posten, die man als erste Teamarbeit dann einzeichnen muss.
Nachdem Schmotzi den zurzeit in der Schweiz (Wetzikon) wohnenden Robert Kampczyk erfolgreich als Ersatzpartner akquiriert hatte, eröffnete sich uns dort gleich eine Übernachtungsmöglichkeit. Am Freitag morgen ging es dann weiter zum Camping in Lenzerheide, wo wir unsere Basiszelte aufschlugen. Dort trafen dann auch Sabine Poitz und Myrea Schröter ein, die beide noch einen Laufpartner dabei hatten. Mit dem Potsdamer Team (Norbi Pflug und Marco Jentsch) sowie einem Dessauer Seniorenteam waren das alle mir bekannten deutschen Oler auf der genannten Strecke. Beim „Trail-Marathon short“ wurde unser Verein hingegen von Nora mit Laufpartnerin vertreten. Dieser Parcours ist nur etwas kürzer als unserer, allerdings muss man dabei „nur“ vorgeschriebene Wege ablaufen; Geröllhänge, Steinfelder, Steilhänge queren und Posten suchen entfällt damit.
Am Samstag ging es dann gegen 9:00 Uhr zum Lift, der Start war an der Mittelstation in etwa 1900m Höhe. Mein Team begann den Lauf mit einem kleinen taktischen Routenwahlfehler: Statt den 3km längeren Außenweg zu wählen, kletterten wir wie die meisten Teams auf einem kleinen Serpentinenweg ca. 600m über den Pass. Wäre im Wettkampf zwar die Idealroute gewesen, so fehlte uns aber das Einlaufen, erst nach ca. 400Hm hatte ich das Gefühl, richtig laufen zu können. Bei 170er Puls überholten wir zunächst ständig andere Teams, bis wir nur noch wenige (7-8) vor uns hatten. Nach ca. 85% der Strecke und kurz vorm letzten Gipfel streckte mir Dom die geöffnete rechte Hand entgegen, ich dachte er wollte eine „Fünf“ (-Minutenpause) einlegen. Schnell begriff ich, dass er stattdessen den von mir gewählten Teamnamen „Diesmal behalten wir Kompass und Chip“ ad absurdum führen wollte und wie im letzten Jahr den Chip verloren hatte. Im nächsten Moment war er auch schon ins Tal verschwunden, um das Ding zu suchen. Nach 50 (!!!) min kehrte er erfolglos zurück, und wir schleppten uns deprimiert nunmehr im Wanderschritt zum Gipfel. Die letzten vier Posten nutzte ich dann die Lochzange, in der Hoffnung, die Schweizer würden vielleicht die Stationen auslesen. Erst zwei Posten später sahen wir die Postler und die Potsdamer vor uns, was dann doch noch zu einer kleinen Laufeinlage in Richtung Ziel führte, um wenigstens noch vor der direkten Konkurrenz anzukommen. Wenigstens das gelang. Zwischendurch fand ich, sehr witzig, den verlorenen Chip eines anderen Teams. Im Biwak fiel dann zu allem Überfluss auch noch unser Chip aus den Haltegurten von Doms Rucksack. Das war mir genug Grund, auf einem kleinen, MIMM-untypischen Ausflug ins nahe gelegene Arosa zu bestehen, ich konnte diese Story nur mit Hilfe zweier kühler Biere verdauen...
Das Einschlafen in dieser Höhe fiel dann doch etwas schwer. Als ich gerade die Phase hatte wo ich mit richtigem Schlafen hätte beginnen können, knallte der 5 Uhr Pistolen-Weckschuss. Aber wir wollten ja erst anderthalb Stunden später aufstehen. Mir wurde später berichtet, ich hätte dennoch „hörbar“ geschlafen, wovon ich nix weiß.
Der zweite Tag war im Gegensatz zum ersten sehr sonnig. Ich bemerkte wieder einmal, dass Berge hochsteigen doch irgendwie einfacher ist als sie schnell runter zu rennen, zumindest in den Alpen, wo sich Murmeltierlöcher mit Steinen und Kuhfladen abwechseln, alles verborgen unter einem dichten Krautbewuchs. Irgendwie fehlte mir auch die Motivation vom Vortag. Wir kamen dennoch nach reichlich vier Stunden als erste Dresdner unten an, etwa eine Viertelstunde vor den Postlern. Diese brauchten allerdings beim Auslesen verdächtig lange: Der vorletzte Posten fehlte! Der kulante Schweizer Wettkampfleiter erlaubte den beiden jedoch, diesen Posten + den letzten + den Zielposten noch einmal anzulaufen, um in der Wertung bleiben zu können. Ich hatte großen Respekt, dass sie es auch wirklich taten, es handelte sich immerhin um ca. vier bis fünf zusätzliche Kilometer! Das zweite Mal kamen sie dann kurz hinter den Potsdamern rein, so dass sie in der Gesamtwertung noch knapp vor diesen blieben. Schließlich kam irgendwann auch Myrea, Nora, Schmotzi, Robert und Sabine an, alle mehr oder weniger glücklich es geschafft zu haben. Nur Schmotzi war von der mangelnden Fitness seines eingesprungenen Teamkameraden nicht ganz so begeistert und meckerte wie eine Bergziege. Zugegeben, er hatte nicht genug Sonnencreme für siebeneinhalb Stunden aufgetragen und sah deswegen leicht angeschmort aus. Robert hingegen sagte fast nix mehr. Vielleicht sollte der Wutti mal gemeinsam mit Schmotzi zum Rady’s, damit der das Ganze mal aus der umgekehrten Perspektive erleben kann. Nach meiner ersten MIMM-Erfahrung ist es jedenfalls eindeutig besser für die Psyche, auf seinen Partner zu warten, als ständig jemand ungeduldig wartend gerade noch in Sichtweite vor sich zu haben und sich unter vorwurfsvollen Blicken mit vertrockneter, auf dem Boden schleifender Zunge über den nächsten Berg zu quälen...

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