Prague Easter: Out of Limit
Eigentlich bin ich ja kein Fan tschechischer Wettkämpfe. Da ich in diesem Jahr, mit meinen 27 Lenzen, der Bachelorarbeit wegen aber wieder zu Hause bei Mama und Papa wohne, ist mir jede Ablenkung willkommen. Was liegt also näher, als sich über die Ostertage eine Auszeit zu gönnen, um der unangenehmen Pflicht zu entfliehen. Und da man bei TU seinen Namen nur in eine Liste eintragen muss und sich alles weitere wie von Geisterhand organisiert, kann man sich mit einem Klick weg von der Pflicht am Schreibtisch direkt in die Felsen katapultieren. Gesagt, getan:
Etappe 1 – Die Angst vor der Wolke
Auf dem Weg zum Start erinnerten mich diverse merkwürdige Gerüche an meine ersten Erlebnisse beim Orientierungslauf. Damals machte ich in Wuttis Begleitung die Erfahrungen, was es heißt diesen Natursport zu betreiben. Wir kamen beide recht zeitgleich aus irgendeinem Wald ins Ziel. Zur Wettkampfwiese war es noch ein ganzes Stück zu laufen, also gingen wir diese Strecke zusammen. Wutti erzählte und ich schaute ehrfürchtig zu ihm rauf. Was mich damals allerdings noch sehr irritierte, war, dass er auf diesen 500 Metern zum WKZ nicht nur oben, sondern auch unten einiges von sich gab.
Beim Start der ersten Etappe beängstigte mich diese Erinnerung, schließlich fand dieser – wie sollte es in Tschechien anders sein - an einem Hang statt. Das Gesäß des vor mir startenden war also direkt in meiner Gesichthöhe... Der Start ging ganz normal, ohne Zwischentöne oder –gerüche, von statten und meine wirren Gedanken lenkten mich von diesem ersten Anstieg ab. Der Lauf selbst war dann recht schön. Es gab viel zu sehen, enge Felspassagen, Rehe und auch die Sonne hat geschienen. Nach 19 Posten und 81 Minuten war ich im Ziel. Wie mir später am Abend gesagt wurde, fehlten mir bereits 10 Minuten um in den Jagdstart zu kommen. Mein Ziel für den nächsten Tag war schnell formuliert: 10 Minuten schneller laufen als der erste der H21B und so den Jagdstart erreichen.
Etappe 2 – Der Traktor
Die zweite Etappe war toll! Vorweg, mein Ziel vom Vorabend habe ich knapp verfehlt. Ob der Start diesmal wieder an einem Hang war, wusste ich im Ziel nicht mehr, aber darauf kam es auch nicht an. Auf meinem Weg vom zweiten Posten – wie ich dort hin kam weiß ich auch nicht mehr - zum Dritten, bin ich etwas vom Weg abgekommen. Ich hatte mir eingeprägt, dass ich, wenn ich auf dem Weg bin, einmal rechts, dann einmal links abbiegen und dann eine Weile laufen muss, bevor es in die Felsen geht. Also los: Rechts, links, laufen. Nach einer Weile kam links vom Weg eine merkwürdige Futterkrippe. Ich lief noch ein Stückchen weiter und wurde dann stutzig, habe angehalten, nachgeschaut und meinen Fehler erkannt: Ich bin zu spät auf den Weg gekommen und hätte nur einmal nach links gemusst. Naja, passiert. Ich wollte also nicht wieder zurück und da meinen dritten Posten und mich nur ein Gebirgszug trennte, machte ich mich auf den Weg, diesen zu besteigen. „Anstrengender Fehler“ – dachte ich mir noch, dann setzt meine Erinnerung aus. Ich weiß nur, dass ich mich wenig später auf ziemlich viel Wiese wiederfand. Hier schien die Sonne, Rehe waren unterwegs, in der Ferne eine Straße, ich bildete mir auch ein einen Traktor gehört zu haben. OLer? Nirgends. Ich hab mir den Acker auf dem ich mich befand dann aus verschiedenen Winkeln angeguckt und habe sogar den Traktor gefunden. Leider konnte ich nur erahnen, wie ich auf diese Wiese gekommen bin und so verging einige Zeit, bis ich mal wieder in einem Waldstück landete, in dem ich am Horizont Orientierungsläufer sah! War ich froh! Dort wo ich ankam, sah es aber nicht so aus wie auf meiner Karte und da nur Bundesranglistensiegertrikotträger unterwegs waren, die sich nicht vom nächsten Triumph abhalten lassen wollten, stand ich auch noch eine Weile ratlos im Areal. Hier kam ein TU-OLer ins Spiel. Ich kenn leider seinen Namen nicht, aber er hat mich gerettet. Falls Du das jetzt also liest: Ich war der Grüne mit dem traurigen Blick, Du hast mich gerettet, danke! Ich war wieder auf der Karte, lief meinen dritten Posten an: 63 Minuten. Zum vierten Posten hab ich mich dann auch noch verfranst, am Fünften hab ich mich entschieden nicht die Abkürzung zu Posten Neun zu nehmen, sondern den Lauf zu Ende zu führen. Ich hab´s geschafft und kam nach 182 Minuten glücklich unter den Anfeuerungsrufen meiner OL-Freunde ins Ziel. Auf meiner Auswertung steht jetzt zwar „Out of Limit“, aber ich weiß es besser. –Toller Wettkampf!
Etappe 3 – Die Legasthenie
An den Start der dritten Etappe kann ich mich wieder erinnern: Es ging bergauf. Danach kam Posten eins. Den hab ich gefunden. Posten zwei hieß „32“. Ich bin los, um ihn zu suchen. Ich bin dort eine große Runde gelaufen und habe verschiedene Posten getroffen. Unter anderen die „96“, die „102“ und eine „31“. Der 32er war aber nicht aufzufinden. Da ich meine Fähigkeiten kenne, habe ich mich auf eine zweite Runde gemacht: „31“, „96“, „102“. Auch im dritten Anlauf fand ich laut fluchend meine „32“ nicht. Ganz ruhig und entspannt – zumindest hab ich mir das eingeredet - bin ich noch mal zu meinem Ausgangsposten eins und habe Schritt für Schritt, Fels für Fels, die Karte mit dem Wald verglichen. Als ich wieder vor der „31“ stand, wurde mir einiges klar. Danach gab es wie an den Vortagen viele Felsen und einige Rehe zu sehen. Die Sonne hat nicht mehr geschienen. Postennummer 40, meinen siebten Posten, kannte ich schon vom Sonntag. Da hatte ich nämlich die Vormarkierung entdeckt. Wahrscheinlich bin ich aus diesem Grund, als Erinnerung an den tollen zweiten Lauf, auch noch mal kurz aus der Karte raus gelaufen. Aber diesmal hab ich den Fehler nach weniger als 100 Schritten erkannt und bin zurück. Am vorletzten Posten des Prager-OL-Wochenendes habe ich um ein Haar sogar noch die Gesamtbestzeit aufgestellt. Laut Zwischenzeitenzettel fehlten mir hier nur zwei Sekunden zum Schnellsten.
Als Fazit bleibt mir, mich bei meinen Freunden zu bedanken: Danke, Martin, für die Schuhe, danke, Alex, für den Kompass, danke, Mutti, für den Chip und danke, unbekannter Grüner, für die Hilfe am Ostersonntag. Schön war´s.
Dass ich trotz meiner technischen Defizite in den letzten Jahren zu einem echten Natursportler geworden bin, wissen übrigens meine Zimmergenossen spätestens nach diesem Wochenende zu bestätigen.
Ergebnisse und Bilder - 1.Etappe - 2.Etappe - 3.Etappe - 4 Felsbilder