20.09.2010

Erinnerung an Erhard Haufe (28. Mai 1923 - 8. September 2010)

Mit Betroffenheit erhielten wir vor wenigen Tagen die traurige Botschaft, dass unser Sportfreund Dr. Erhard Haufe im 88. Lebensjahr verstorben ist. Um seiner zu gedenken, veröffentlichen wir hier den Nachruf seines Sportkameraden Hartmut Lorenz:

Auch wenn es in den letzten Jahren ruhiger um ihn geworden war und seine öffentlichen sportlichen Aktivitäten weniger wurden, so haben wir ihn doch nicht vergessen, dessen Name wie kaum ein zweiter für den Orientierungslauf in der DDR steht. Ob als Aktiver, als Übungsleiter/Sportlehrer oder als Organisator und Sportwissenschaftler, stets war er bemüht, vorn mitzumischen.

Seine Leistungsstärke im Orientierungslauf und Ski-OL unterstreicht der Titel "Meister des Sports". Darüber hinaus errang er den Leistungsklasse-Nachweis in weiteren 5 Sportarten (darunter Leichtathletik, Schwimmen und Skilanglauf). Da der Zenit seiner sportlichen Laufbahn in die Anfangsjahre des OLs fällt, ist er den heutigen Aktiven, wenn überhaupt, nur als Altersklasseläufer bekannt. Doch er kämpfte viele Jahre in der Klasse Herren-Elite, damals noch mit Fotokopien von Meßtischblättern, absolvierte auf einer der ersten Spezial-Orientierungslaufkarten der DDR Nacht-Isohypsen-OLs...
Vom aktiven Wettkampfsport verabschiedete er sich 1992. Das hinderte ihn aber nicht daran, bei Wettkämpfen in der Nähe von Dresden auch weiterhin an den Start zu gehen. Wir trafen ihn auch noch bei den TUMOL Jahresabschlüssen und OL-Veteranen-Veranstaltungen.

Als an der Abendschule ausgebildeter Oberschul-Lehrer für Deutsch, Mathematik, Physik, Chemie und Sport unterrichtete zunächst an allgemeinbildenden Dresdner Schulen. Von 1952 bis zu seinem Eintritt ins Rentnerdasein wirbelte er als Sportlehrer an der Technischen Hochschule, später Universität, in Dresden. In dieser Zeitspanne absolvierten sicherlich tausende Studenten in den von ihm geleiteten Sportgruppen ihren Pflichtsport. An der Hochschulsportgemeinschaft TU Dresden gründete er die Sektion Wandern/Bergsteigen/Orientierungslauf mit und war zeitweise auch deren Sektionsleiter.

Als einer der ersten promovierte er an der DHfK Leipzig auf dem Gebiet des Sports. Danach war er zunehmend sportwissenschaftlich tätig: Neben befristeten Lehraufträgen an der DHfK war er seit 1975 vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR beauftragt mit der Entwicklung und systematischen Durchführung des postgradualen Studiums von ca. 1000 Hoch- und Fachschulsportlehrern. Dabei wirkte er als Lehrgangsleiter (unter Kontrolle eines in "Gesellschaftswissenschaften" promovierten Stellvertreters, der für die "richtige" politisch-ideologische Linie sorgte).
Er war auch für die Aus- und Weiterbildung der Hoch- und Fachschulsportlehrer der Fachgruppe Orientierungslauf verantwortlich und organisierte und leitete die Durchführung der regelmäßigen Lehrgänge. In diesem Zusammenhang schuf und unterhielt er in den sechziger und siebziger Jahren einige Festpostennetze mit mehreren hundert Kontrollposten, die er selbst mit Pinsel und Farbe an Bäumen, Steinen und anderen Objekten markierte, u.a. in der Dresdener Heide, dem Tharandter Wald, bei Johanngeorgenstadt.
Von seiner sportwissenschaftlichen Tätigkeit zeugen nicht zuletzt einige hundert Veröffentlichungen in der DDR und im Ausland zu Themen der Biomechanik, Sportpsychologie, der allgemeinen und speziellen Trainingslehre, Methodik und Organisation einzelner Sportarten, Volkssport, Gesundheits- und Rehabilitationssport sowie Rezensionen und Bibliografien. Für die promovierenden Sportlehrer der TU Dresden war er als Doktorvater tätig.
Doch eine staatliche Anerkennung seiner Verdienste blieb ihm bis zu seinem Tode (auf Grund "mangelnder" politischer Zuverlässigkeit, wie es damals hiess) versagt. Dafür wurde er dann nach 1990 auch noch pauschal als "staatsnah" eingestuft...

Doch hier soll auch an den anderen Erhard Haufe erinnert werden:
Wer kennt ihn schon als begeisterten Bergsteiger, der in den 50er Jahren von Dresden aus mit dem Fahrrad in die Alpen fuhr, um diesem Hobby zu frönen?
Viel Freizeit opferte er in der Vergangenheit seiner Modelleisenbahn-Leidenschaft. Er bastelte u.a. eine mehrere Quadratmeter große Anlage in der Spurgröße H0 und tüftelte oft tagelang an ungewöhnlichen technischen Lösungen, die er dann in der Zeitschrift "Der Modelleisenbahner" vorstellte.

Vielen hat er mit seinen meisterhaften Aquarelle und Federzeichnungen eine Freude bereitet, Ausgewählte durften seinem Klavierspiel lauschen.

Schon in den 80er Jahren verfasste er eine große Anzahl politisch-satirischer und philosophischer Aphorismen und andere gereimte Lebensweisheiten. Leider wurde ein bereits vorliegender Gedichtband bisher nicht veröffentlicht.

Auf Treffen mit seinen Sportfreunden oder bei ihm zu Hause, gab es also immer viel zu erzählen. Und er kannte dabei stets eine "neue" alte Geschichte...

Erhard, wir gedenken Deiner und werden Dich vermissen!

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Träume, ihr sollt überdauern; und Erinn'rung, schlaf nicht ein!
Wenn wir um Vergang'nes trauern, müßt ihr Trost und Beistand sein!

(E. Haufe)