Trainingslager Schweiz - aus dem Schatten betrachtet, oder wie ein Schattenläufer los zog, um OL zu machen
Na endlich, hier ist es nun, schwarz auf weiß das Trainingslager.
Was war das für eine Woche, wird sich sicherlich der ein oder andere gefragt haben. Die Woche war voll gepackt mit Erlebnissen sportlicher und landschaftlicher Natur und es blieb kaum Zeit das Erlebte zu realisieren.
Am 23.07. machten sich 3 Kleinbusse gefüllt mit hochrangigen Sachsenkadern auf, um gemeinsam im Urlaubsgebiet Flims-Laax zu trainieren. Hier sollte nun an 6 Trainingstagen die Orientierungstechnik verbessert werden, um dann die Trocknenübungen bei der SOW unter Wettkampfbedingungen auszuprobieren.
Nach mehrstündiger Fahrt und einem letzten kurvenreichen(!) Abschnitt hatten wir unser Gruppenhaus in Lunschania erreicht. Der Ort war in einem schmalen Talabschnitt gelegen und es zählten noch 3 andere umliegende Häuser dazu. Ansonsten sah man nur steile, hohe Berge um sich, ein paar Bäume, einen kleinen Himmelsausschnitt und man hörte ein ständiges Rauschen, was vom Fluss her kam. Dieser konnte an warmen, sonnigen Tagen auch zum Baden herhalten, allerdings war das Vergnügen mehr für Kalt- als für Warmduscher geeignet.
Während die Bettenvergabe noch relativ friedlich verlief, waren schon kurz darauf die Plätze am Tischfußball und später auch an der Tischtennisplatte hart umkämpft. Die Spieler liefen die nächsten Tage zu Höchstformen auf und knapp verpasste oder halbwegs getroffene Tore machten sich durch lautstarke Ausrufe im Haus bemerkbar. Es ging nicht um irgendwas, es ging hier um die Wurst oder um 1,5 l Tomatensuppe!
Wenn die Jugend dann schon fast im Bett lag, ging es bei den Betreuern noch hoch her: Die Karten für die nächste Trainingsetappe mussten vorbereitet werden. Und das tat man gewöhnlich bei einem Glas Wein, oder zwei, jedenfalls standen am Ende viele leere Weinflaschen herum. Am Anfang war die Motivation noch groß und der Geist noch wach. Man war begeistert bei der Sache und suchte auf wunderschönen Karten Möglichkeiten den Kater durch die Botanik zu treiben. Einige Postenstandorte waren heiß diskutiert und manchmal mussten noch bessere gefunden werden. Dann ging es ans Karte-Einzeichnen. Erste Anzeichen von Müdigkeit machten sich breit und vom vielen Postenkreis-Einzeichnen wurde einem schon ganz schummerig. Und dann gab es da noch das Problem mit Postennummer 50. Obwohl die SI-Station mit besagter Codenummer bereits am 2. Trainingstag durch wandernde Langfinger entwendet wurde, tauchte sie an nachfolgenden Abenden immer mal wieder beim Einzeichnen auf. Bei nachlassender Konzentration konnte man sich kaum gegen die logische Postenabfolge 46-47-48-49-50 verwehren.
So entstanden für jedes Training eine kurze, mittlere und eine lange Bahn. Am nächsten Tag waren wir gespannt, wie man wohl mit unseren kreierten Bahnen zu Einheiten wie z.B. Ampel-OL zurecht kommen würde. Neben dem spannenden, kuppigem Gelände von Bot Fiena Trin (WM Karte 2003), gab es auch eine sehr schöne Einheit im Gebiet Dreibündenstein auf 2100 m.ü.M. Mit Almwiesen und einer Herde zu zahm gewordener Kühe am Start.
Abwechslung boten auf jeden Fall ein vom SOW Veranstalter organisierter Staffel-OL und ein schöner Stadtsprint in Chur.
Die Hauptaufgabe der Betreuer, der Schattenlauf, sollte hier nun auch noch einmal erwähnt werden. Da hier der Anteil Berufsgeschädigter besonders hoch ist.
Bei jedem Training gab es also eine handvoll Betreuer, die je einem Kader folgen sollten, um im Nachhinein die Vor- und Nachteile der gelaufenen Route besser auswerten zu können.
Gesagt, getan. Nur war die Umsetzung manchmal nicht ganz einfach und man musste schon fix unterwegs sein, um mit den jungen, dynamischen OLern mithalten zu können. Hier ist mir immer noch ein Bild vor Augen: mein beschatteter Läufer rennt vom Posten weg raus auf den Weg. Dort sind gerade noch andere von uns unterwegs. Alle laufen ein lockeres Tempo. Auf einmal ein Windstoß, wie wenn man auf der Autobahn in einem kleinen alten Ford Fiesta sitzt und von einem großen Audi A6 mit 180 Sachen überholt wird. Johannes Drechsel zischt an uns vorbei. Und schon die Frage in meinem Kopf: „Gab es da nicht einen Schattenläufer dazu? Oje, der Arme!“ Und wenige Sekunden später die Antwort: Kerstin sprintet mit lang gezogenen Schritten und mit schwungvoller Armbewegung an uns vorbei, gewillt Schritt zu halten. Das war doch ein sehr schönes Bild.
Der erste eigenständige Lauf nach dem Schattenläuferdasein war dann eher katastrophal. Völlig auf sich alleine gestellt, steht man plötzlich im Wald und hätte die Karte vor Schreck fast eingesüdet und weit und breit war niemand in Sicht dem man hätte folgen können.
Als Ausgleich zum Training fand man sich in Gruppen zusammen und unternahm dann Ausflüge zur Rheinschlucht, zum Chaumasee zum Baden, man versuchte sich am Pinut Klettersteig, besichtigte den Stausee am Ende unseres Tals oder fuhr einfach mal mit Achim einkaufen.
Ein Highlight war bestimmt der nächtliche Ausflug der größeren OLer, um unter freiem Himmel zu schlafen und den Sonnenaufgang zu erwarten. Eingemummelt in den Schlafsack lagen wir da und man traute sich kaum die Augen zu schließen, weil man sonst noch eine der zahlreichen Sternschnuppen verpasst hätte. Das war beeindruckend und wie Fernsehen in der Steinzeit.
Dank Achims Überblick über den Zustand des Vorratsschranks und vieler kleiner und großer Helfer gab es früh und abends leckere Speisen zu genießen. Die Idee vom Kartoffelsalat musste allerdings verworfen werden. Denn war in Dresden vor allem eine Person fest davon ausgegangen 20 kg Kartoffelsalat gekauft zu haben, musste man vor Ort dann feststellen, da hatte sich jemand aber gewaltig verlesen. Wir hatten hier nicht Kartoffelsalat aus Deutschland angefahren, sondern 20 kg feinste Mayonaise. Da gingen selbst der besten Hausfrau die Rezepte aus, um diese Menge zu verarbeiten.
Spätestens bei der Rückfahrt nach Dresden verspürte man dann etwas Wehmut und den Wunsch doch noch etwas länger bleiben zu wollen. So erging es mir zumindest.
Auswahl der Fotos von Felix, Florian, Elena, Andrej, Peter und Theresa, in Bildcollagen zusammengestellt von Betreuer und Postler Felix von Dalowski
Karte Dreibuendenstein - Karte Trin (wo Thierry sein 1. WM-Gold erlief) - Hopp Sachse hopp - Ich wuensche mir, dass unser Stern aufgeht - standhafte Typen - wie jetzt? - immer mit der Ruhe: da lang, aber schnell, runter und rauf - gemeinsam laeuft's! - SOW-Ergebnisse Sachsenkader und Freunde