16.01.2012

5-Stunden-56-Minuten-Ski-Rogaine und (Eis)Alm-Ski-OL

von Wieland Kundisch

Es gibt ja Ski(O-)läufer, die laufen (nachts) mal splitternackt Ski. Normal ist verrückt. Solange sie nicht von der Sittenpolizei eingeholt werden...

Zum Auftakt unseres bereits 4. Ski-Trainings-Wochenendes in (Jahres)Folge ging es auf annähernd waagerechten Pisten zum Kahleberg nahe über Altenberg, wobei der Nachtwind bloß um diesen, unseren mehr oder weniger baum-kahlen Anlaufposten und unsere beleuchteten Köpfe strich. Und mit mehr und weniger Umwegen (durchs Biathlonstadion, das manche nur aus der Röhre kannten/kennen) zurück. Zurück in die Klügelhütte in Zinnwald, wo wir diesmal angenehm bewirtet wurden und schliefen und die wir auch fast auf Anhieb (mit neuer Ski-OL-Karte) gefunden hatten. Vorrangig für jugendliche Nachswuchsläufer gedacht hat sich das WE auch für erfahrenere Vereinsleute und (junge) USV-OL-Familien etabliert und aber nur für leicht Kränkelnde.

Parallel zur TD-Tagung in Dresden fand am Samstag das Deutsch-Tschechische Ski-Rogaine nach 2010 (für 12/2009 angesetzt gewesen, Gebiet bis Altenberg) seine 1. Wiederholung. Zusammen mit dem Erzgebirgs-Rogaining-Klub Litvinov um den munter aktiven Jan Tojnar traten wir wieder als Veranstalter auf und gingen 13 (anteilige) Teams von uns ins Rennen und Steigen. Auf dem Hinweg per Auto, zu dem wieder Umwege gehörten, schaute, wie versprochen, die Sonne aus 1. Wolkenlöchern - auch in die 3., in die Kofferraumreihe. Auch fühlten wir ausgestiegen erträgliche, weil sturmfreie Minusgrade. Schon das WKZ in Kliny, am Kopf eines Abfahrtshanges, umwehte ein alpinistisches Flair. Der Blick auf die vorher verteilten 1:50.000er-Karten zeigte neben dem Start-Ziel passend reichlich braune Linien, die den "naheliegendsten" Posten mit 90 Punkten trennten.

Nach letzten (knappen) Vorbereitungen auf 6 Stunden Ski(O)laufen und kurzer Ansprache, bei der einige letztendlich Entscheidendes überhörten, rammelte bzw. rutschte die Mehrheit erst einmal Richtung 30er Posten - gemächliche Anstiege und Anfahrten - sowie Seiffen. Tollkühne stürzten bzw. stampften dagegen den Skihang hinunter. Liftnutzung untersagt. Kein Wunder, dass dabei schon ein Ski so und bei dem brach, dass das weder Ein- noch Aufhalt erbat und gebot. Es war nicht der 1. Bruch (schon ein Autoschlüssel hatte nachgegeben) und es blieb nicht das einzige (Ski)Unheil... Gehört das zur Tradition?

Tschechen sind halt hart, auch die Frauen: Nicht leicht, aber unausweichlich denen gleich zu Beginn die Loipe freizumachen. "Na, vielleicht sind die nach 4 Stunden breit." ...? Einige Teams verband bei dem Loipennetz um den tiefen Taleinschnitt häufiger Sichtkontakt, auch bei abweichender Routenwahl und wechselnder Führung. Andere grüßte man dagegen einmal lächelnd im Gegenlauf. Im Team zu arbeiten, fällt manchen von uns Individuell-Sportlern (manchmal) schwer. Wenn zudem europäische Sprachgrenzen Verstehen (zudem im Fahrtwind) erschweren, hilft Humor. Man kann sich auch ergänzen: beim Laufroute-durch-Ort-Erkennen, Riegel-laufend-aus-dem-Rucksack-Angeln, Anfeuern, Aufheitern und Posten-Zeit-Optionen-Abwägen. Selten sind zwei oder mehr ganz ausgeglichen schnell und ausdauernd, gut schon, wenn die Einstellung übereinstimmt: mehr ehrgeizig oder mehr Freude am Spaß. Spaß am auf-Brettern-durch-weiße-Wälder-Welt-Gleiten mit Brett "vorm" Kopf bzw. Karte um den Hals. Auch wenn ein Großteil wunderbar skatbar war, so unterbrachen Geheinheiten, bremsten Äcker und (auch mal zu spät) gestreute Straßen (ältere Skier ratsam) und musste der Stausee Flaj eindeutig umfahren werden (wir hatten auf zugefroren gehofft). Schön war das schneebedeckte Land allemal abzuschweifen, insofern Zeit zum Verweilen blieb. Die einen nahmen sich mehr, die anderen sehr beeilend nur einmal 2 min: "Ja, den Posten wählen wir wieder ab, führt wohl eh keine ordentliche Spur hin und es geht nur bergauf."
Die jungen Tschechinnen wieder, außenrum geskatet. "Zeit für den Rest müsste reichen. Der da ist noch optional." Gerd wieder, auch mit einem (an)gebrochenen Ski.
"Holen wir den jetzt? 60 Punkte. Komm, schaffen wir noch!" Am höchsten Osterzgebirgsberg Gegenschneewehwind. Das Stück zurück hat er dann (gefühlt) von hinten nicht so gedrückt.
"Doch, hier lang! Hier kenne ich mich aus." Jetzt fast nur noch bergab vor dem über-200-Meter-Zieleinlauf. Höhenmeter! Schon die Abfahrt ließ einige OLer in die Knie gehen. Zu harsch oder eng oder ungeübt zum Schneepflug, da hilft nur Hinfallen. "Der rosa Strich ist ein Hindernis!" "Ein was?" "Bestimmt ein Baum." Ab. Tatsache: ein Baum. Plums.
"Und was sind die kleinen rosa Triangel auf den Wegen, die kleinen (Neu)Starts?" Steinig? Achtung! Nur mit Skiern in den Händen belaufbar?! Aber erst noch den Skihang runter. "Ei, ist der steil und eisig!" Weit ausholen oder auf den Po und Schuss? Am besten Abschnallen. Aber warum rennt er wieder hoch? Ah und oh, was fehlt ihm denn jetzt außer Zeit, meinem netten lettischen Vereins- und Rogaine-Kameraden??" Ein paar hm wieder hochgeskatet." Chip und Kompass ... beim in-den-Schnee-Greifen verloren. Zum Glück zumindest Chip wiedergefunden. (Kompass bekommst du bei der Sportlerehrung. :-) Wertung gerettet! Ja? Mehr Zeit am Hang hinab liegen gelassen, als oben noch gefasst befürchtet. Die beiden jungen Damen vom Anfang und die flotten Heinemanns liefen mit uns im Tal zum "Endposten" 91, weitere vor - und wussten wir hinter uns. 18 min für den Ziel"sprint". Wir hatten 25 passend prognostiziert. Ein Blick in die Höhe und kein Ende in Sicht. Noch mal anschnallen? Geht nicht. Bringt nichts. Lastete jetzt die unverschlungene süße Energie im Rucksack, so fehlte sie nach 6 Stunden einfach im Leibe. Serpentinen oder Tiefschnee? Beides. Flachsende Rodler und Kinder. Welch' Elan?! Da, die WKZ-Gaststätte! Am oberen Liftende, von dem eine andere Spezies in die Tiefe rauschte, und an parkenden Autos vorrüber, über die Straße und... und "Piep" - vorgeschrieben innerhalb einer Minute, zwischen uns die großen Mädels. Achim empfing uns: "10 min zu spät." 10? 6, oder? 16 Uhr war Schluss, nicht nach 6 Stunden. Etwa 4 min Startverzögerung. 220 heiter erkämpfte Punkte weg. Es erwischte einige Teams. Andere noch ärger, unser junger "Wander"trupp schleppte sich gar einiges nach der halben-noch-in-Wertung-Stunde den Hang hinauf.

Auf jeden (Hin)Fall gab es viel zu erzählen beim Gulasch und/oder einer horka Schokolada und beim Warten auf die Siegerehrung, der eine Tombola vorausging. Hier und da sahnten wir ab: Leckereien, Wachs, Aufkleber, 3 1. Plätze sowie einen 3. Rang. Wobei unser Senioren-Mix-Team sicher gepockert hatte: Fast eine Stunde Reserve schrumpfte bergab und -auf auf reichlich 3 min, sie hatten ihr 5h-56min-Rogaine geschafft. Minutenzeitgleich mit unseren jungen Damen und 2 reiferen Herren-Teams, die jeweils, was sie punkteten, auch heimfuhren. Aber jeder hatte sich eine wörtlich so in der Art formulierte Überlebens-Urkunde in Bildwechsel-Postenkartenformat verdient. Danken wir, dass ein steifer Hals durch einen Sturz kurz vor dem Finish nichts Schlimmeres ist. Alles Gesunde, Elli!

Schöne Postenverbindungen und Loipen, schönes Wetter und Gelände, schöner Muskelkater und Schnee, hujee: Danke, Jan und Team!

Vor dem Rogaine ist wahrlich nach dem Rogaine: Eine kleine Delegation kann es eine Woche drauf nicht lassen und pilgert dafür wieder einmal (nach dem Iserlauf vorletztes WE) ins Isergebirge. Nach dem Motto: Wer Finnland durchqueren will, muss Skilaufen (trainieren). EU-gefördert sehe ich den Rogaine auf eine Weise als Friedenslauf und (persönlich) zur Völkerverständigung.

Am Sonntag dann der zur Dresdner Winter-OL-Serie gehörende Ski-OL des Postlers Paul Leidinger, für den er (schon vor einem Jahr) neues Terrain kartiert hatte, obwohl Robotrons Rolf Heinemann, der seine Vereins-/Skihütte um die nächste Schneewehen-Ecke hat, irgendwie auch schon daran war, wie sich herausstellte. Gleich von der Unterkunft aus um Häuser, über Fußbrücke, die Grenze und eisige Wiesen. Ein Wind bließ mir die A4-Karte aus dem kleinen-A4 quadratischen Kartenhalter. Das Gleiche passierte zuvor an etwa selber Stelle Wochenend-Organisatorin Conny beim Postenhälftehängen. Merkten wir beide beim Schieben zuvor schon wieder das Vortagsläufchen, so mussten wir nun eine Schreck-Weile ums Karte- und damit Lauf-Leben skaten und erwischten je unsere mit Stockspitzen. Die Wiesen ließen im Folgenden eine Vielzahl von kleineren Routenwahlen zu, wobei es bei den längeren Schlägen hinzüglich um Weiter-außenrum-, Höhensparen- und Querwaldein-Entscheidungen ging. Alles kein allzu Leichtes, wenn neben der Kraft im Körper, auch die zur Konzentration auf das Training fehlte. Und eins darf man nach Herrenbahnsiegermeinung nie tun: Skier abmachen. Schwer nur, wenn sich die Hasenspur im sumpfigen Dickicht verläuft. Aber ja, vereist kann das Wieder-Einklicken Minuten an Rummehren dauern... Die vergessene Station ergänzte ein etwas versetzt platzierter Posten sowie der fehlende Schirm am Ziel, der auch dort einige kurz kreisen ließ und einige liefen ohne SI oder einer zu spät. - Egal, es war ja keine Meisterschaft, obwohl wohl kein weiterer Ski-OL diesen Winter in sächsischem Gebiet sein wird(?). - Eben das Ziel war auf der anderen Seite Zinnwalds und so stand vor dem Essgenuß, der des abschließenden Stadt-Ski-OLs. Ging fast ohne Abschnallen. Biathlon wurde auch noch in der Idylle geguckt. Beim Zielscheibentreffen geholfen hat's nüscht.

Auf der Rückfahrt ins schneelose Elbtal holten uns Klimawandel und per Autoradio auch weltliches Sterben und geldliches Streben schnell wieder in die Tiefe der Wirklichkeit. Wirklich war aber auch das sportliche, im Großen und Ganzen friedliche und fröhliche Wochenende. Und ein wenig brachten wir klar mit: die leichte weiße Pracht am Montag.

Ahoi, und Ski und Hals und Welt heil!

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