28.02.2012

Sieglinde Kundisch: Schwedische Staffelspezialistin

von Jan Müller

Nachdem insgesamt 6 Mitglieder des USV TU Dresden in die verschiedenen Kader der deutschen Orientierungslauf-Nationalmannschaft für 2012 berufen worden sind, ist es an der Zeit, unsere Nationalkader etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Heute: Sieglinde "Siggi" Kundisch, die 2012 der Infogruppe des B-Kaders der Damen angehört und sich nach ihrer Rückkehr vom Trainingslager des Damenteams in Göttingen voller Motivation den Fragen des Newsteams stellte.

Von den 2012 in der Nationalmannschaft stehenden TU-Sportlern ist Sieglinde mit Abstand die erfahrenste und blickt bereits auf eine längere Karriere im schwarz-rot-goldenen OL-Dress zurück. Bereits 1999 wurde die damals 17-jährige in den D/C-Jugendkader berufen und war danach bis 2005 ununterbrochen Nationalmannschaftsmitglied (zuletzt ebenfalls B-Kader). In diesen Zeitraum fallen auch Siggis zahlreiche Einsätze bei internationalen Großereignissen: zwei Jugend-Europameisterschaften, drei Junioren-Weltmeisterschaften, eine Europameisterschaft sowie drei Starts beim Junioren-Europacup (JEC) und eine Teilnahme an den Nordischen Orientierungslaufmeisterschaften (NOM) - so Sieglindes imposante Bilanz.

Seit drei Jahren lebt Siggi im schwedischen Lund und arbeitet als Forschungsassistentin an der dortigen Universität. Neben dem USV TU Dresden startet sie auch für ihren schwedischen Verein Lunds OK. Mit OL begonnen hat sie 1991, als ihr mit 9 Jahren die Grundlagen von ihren Eltern beigebracht wurden und sie regelmäßig zu Wettkämpfen mitgenommen wurde. Sei es aufgrund gelungener Verdrängung oder wegen ihres sonnigen Gemüts - Sieglinde behauptet jedenfalls, dass es nur schöne OL-Erlebnisse gibt und sie noch nie, ihre Sportart verfluchend, im Wald gestanden hat. Dementsprechend erinnert sie sich vor allem an ihre vielen Meistertitel im Lang-OL oder die erfolgreichen JEC in ihrer Zeit als Juniorin. Konkret zum Beispiel an die JEC-Staffel 2000 in der Schweiz, bei der die Schweizer Damen trotz Heimvorteil geschlagen wurden. Nach einigem Nachdenken gesteht Siggi dann aber doch noch: "Ich bin wahrscheinlich Meister im Fluchen im Wald und die, die mich kennen, wissen ja, das ich gern Läufe verfluche. Aber das gibt es jetzt nicht mehr. Bundestrainer Jan Birnstock hat uns in seinem Motivationsvortrag beim Kadertrainingslager in Göttingen erläutert, dass Schluss ist mit 'jammern, fluchen und schimpfen'!".

Befragt nach ihren Zielen für die Saison 2012 gibt sich Sieglinde betont zurückhaltend, macht sie doch seit einiger Zeit selbst die Erfahrung, wie schwierig es ist, Beruf und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. Insgesamt zeigt sich Sieglinde hinsichtlich des Spagats zwischen Job und Sport zwar zufrieden mit ihrem 2011 absolvierten Training, ihrem eigenen ambitionierten Ziel, pro Woche 5 bis 6 Trainingseinheiten zu absolvieren, konnte sie aufgrund ihrer Arbeitsbelastung aber nicht immer gerecht werden. Trotzdem versucht sie den Trainingsumfang auch 2012 möglichst hoch zu halten und konzentriert sich auf lange Dauerläufe und Intervalle. Motiviert durch ihre Bestzeit beim Fjällmarschen (einem kleinen aber feinen Gebirgslauf über 16km) und ihre erste Teilnahme an einem 10km-Straßenrennen in Lund wird sie wohl auch in Zukunft bei einigen Cross- und Straßenläufen an den Start gehen. Am OL-Training des Lunds OK nimmt Sieglinde regelmäßig teil und bestimmt es als Mitglied des dortigen Trainingskomitees auch selbst mit. Alternative Trainingseinheiten heißen für die Wahlschwedin Innebandy, Kraftkreistraining und/oder Tanzen. Ihre Trainingspartner sind die Vereinskollegen aus Lund, ihr Freund Keith und manchmal auch nur ihre "superduper leuchtend blauen Laufschuhe" (Siggi über ihr Equipment).

Trotz ihrer verhaltenen Selbsteinschätzung freut sich Sieglinde über ihre Nominierung für die Infogruppe des B-Kaders der Damen. Dass diese nicht gänzlich ungerechtfertigt ist, zeigen die Ergebnisse des vergangenen Jahres. Obwohl sie in Schweden eher selten an nationalen Wettkämpfen (vergleichbar mit den Bundesranglistenläufen in Deutschland) teilnimmt, sondern vor allem bei lokalen Läufen an den Start geht (die ja in Skandinavien auch recht groß sind…), gab es für Siggi 2011 einige Highlights mit Lunds OK: die SpringCup-Staffel in Dänemark war für sie vor allem OL-mäßig ein unverhoffter Höhepunkt, da es einer der seltenen Läufe war, bei dem sie den oft beschworenen Flow fand und so zu einem hervorragenden 6. Platz beitragen konnte. Bei der TioMila stand für die Damen aus Lund mit Platz 45 (von ca. 350 Staffeln) das beste je erzielte Vereinsergebnis zu Buche - Sieglinde war im ersten Team dabei und bewies einmal mehr ihre Staffel-Qualitäten. Diese kamen auch in Deutschland zum Tragen als sie, gemeinsam mit Conny Eckardt und Nationalmannschaftskollegin Anna Reinhardt, die Damen-Elite bei den Staffelmeisterschaften gewann.

Sieglinde bezeichnet die 5 Frauen des deutschen Damenteams (zwei Kader-Athletinnen und 3 x Infogruppe) als "gute Gruppe" und hat aus dem Trainingslager in Göttingen einige Fingerzeige für ihre kommenden Trainingsschwerpunkte mitgebracht. So möchte sie im eigenen Interesse ihr mentales Training verbessern, welches ihrer Ansicht nach den Vorteil hat, dass man es jeden Tag und jede Minute seines Lebens praktizieren kann (und muss). Aber auch läuferisch will sie noch zulegen, vor allem, um die B-Kader-Norm von 20:00min über 5.000m zu erreichen. Ansonsten hofft sie für 2012 auf zufriedenstellende OL-Wettkämpfe, wobei sie besonders auf die Quali-Läufe zur Europameisterschaft in Schweden und zur Weltmeisterschaft in der Schweiz schielt. Denn natürlich wäre ein Einsatz bei der EM und/oder WM für Siggi ein heimlich gehegter Wunsch, am liebsten in ihrer Paradedisziplin - der Staffel.

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