Rückblick: Cityrace Eurotour 2015
Jetzt, da hier in Deutschland der Winter doch noch ein paar Intermezzi gibt, sitzt man gern daheim am Kaminfeuer und blickt bei einem Stück Weihnachtsreststollen und einem Schälchen Heeßen noch einmal auf die Orientierungslauf-Highlights des vergangenen Jahres zurück. Für mich war eines dieser Highlights sicher der Cityrace-Lauf zwischen Badenden am Strand von Barcelona bei deutlich über 20°C im November. Doch der Reihe nach:
Das Cityrace-Rezept ist einfach, aber bewährt: Man nehme eine Handvoll europäische Metropolen, biete jeweils einen XXL-Stadt-Sprint-OL mitten durch deren touristisch attraktive Stadtzentren, würze das mit jeweils 1-2 weitere Läufen im Rahmenprogramm, dazu noch eine Gesamtwertung über alle Läufe und fertig ist die City Race Euro Tour.
Während Andrej Olunczek im Rahmen dieser Tour schon ein paar Jahre verschiedene Städte bereist, hatte ich meinen ersten Berührungspunkt 2014 in Edinburgh im Rahmen der „Race the Castles“-Woche. 2015 hatte ich mir nun vorgenommen, zusammen mit Andrej einige weitere Städte per Stadtrundlauf kennenzulernen.
1. Station: Antwerpen (BEL) 05./06. September 2015
Schon der Name ASOM = Antwerp Sprint Orienteering Meeting ließ auf mehrere interessante Läufe hoffen, zumal der Veranstalter TROL den belgischen Sprint-OL-Star Yannick Michiels als Werbeträger gewinnen konnte. Am Samstag ging es auf zwei Wohngebietssprints im Stadtteil Luchtbal. Da Neubaugebiete erwartungsgemäß nicht so knifflig verwinkelt sind, wie manche mediterrane Altstadt, lag das Hauptaugenmerk hier auf guter Routenvorplanung und flüssigem Lauf. Für zusätzliche Motivation hatten die Belgier als radsportbegeisterte Nation sowohl ein gelbes (für den aktuell Führenden nach jedem Lauf) als auch ein grünes Trikot (separate Sprintwertung, bei der die besten Zwischenzeiten auf einer vorgegebenen Postenverbindung plus Zielsprint prämiert werden) ausgelobt.
Am Sonntag fand dann das eigentliche Cityrace statt. Gestartet wurde direkt im Stadtzentrum und der Lauf führte vorbei an Kathedrale und Rathaus, über den Marktplatz und forderte gegen Ende mit engen Postenabständen noch einmal volle Konzentration. Yannick Michiels ließ nichts anbrennen und gewann alle Läufe souverän, ebenso Galina Vinogradova bei den Damen. Trotz der räumlichen Nähe zum Ruhrgebiet waren außer uns Dresdnern nur Esther Schulte-Zurhausen (ehem. Dötsch) und ihr Mann Roman aus Deutschland dabei, während hier und auch bei allen weiteren Cityraces die britische Präsenz sehr groß war.
2. Station: Krakau (POL) 10./11. Oktober 2015
Nachdem Andrej im Anschluss von Belgien gleich noch zum Cityrace London weiterfuhr, machten wir uns im Oktober dann wieder gemeinsam nach Krakau auf. Weil der erste Lauf am Samstag als Nachtsprint angesetzt war, blieb tagsüber noch genug Zeit, die Stadt schon mal touristisch zu erkunden. Eines der schönen Details der Cityraces ist nämlich, dass es bis auf wenige Stunden kurz vor dem Start keine weiträumige Geländesperre gibt, und man sich so ungezwungen die ganzen Sehenswürdigkeiten ansehen kann. Das funktioniert, weil die durch die Länge der Läufe (üblicherweise 8-11km Luftlinie) und entsprechend große Karten und lange Postenverbindungen unmöglich alle optimalen Routen und Postenstandorte im Vorfeld ausgekundschaftet werden können. Gerade die Elitebahn in Krakau glänzte mit sehr langen Schlägen, die geschickt über den Fluss gelegt wurden, so dass den Läufern sehr unterschiedliche Routenwahlen geboten wurden, die nur schwerlich zu überblicken waren. Und während es in Antwerpen noch absolut flach zuging, waren hier durch die Flussböschungen und zwei Posten am altehrwürdigen Burgberg Wawel auch ein paar Höhenmeter zu überwinden.
3. Station: Barcelona (ESP) 31. Oktober / 01. November 2015
Die letzte Station für uns und vorletzte der Serie - Porto und Sevilla hatten wir beide aus Zeit- und Kostengründen ausgelassen. Die Stadt lockte mit guter und verhältnismäßig günstiger Erreichbarkeit per Flugzeug sowie natürlich mit Sonne und Meer. Und so stand diesmal auch eine größere Berliner Delegation inkl. Sprintmeister Marvin Goericke am Start.
Der Rahmenlauf am Samstag war wieder anders als bei den Städten davor. Diesmal ging es vom zentralen Sportstadion zunächst auf eine Mitteldistanzbahn rund um den Marinapark Port Forum mit seinen verschachtelten Betonbauten, Treppen und Fußgängerbrücken. Die Routenwahlen waren schön anspruchsvoll, nur leider musste ein besonders kniffliger Posten wegen eines Darstellungsfehlers (Ebene nicht richtig zuzuordnen) nachträglich annulliert werden. Vom Ziel aus gab es dann eine vorgegebene Übergangszeit in der man sich zum Start des zweiten Teils zu begeben hatte. Dieser war als Sprint durch einen Park mit offenem Baumbestand und Schmetterlingsposten angelegt, der im zweiten Teil dann zum Strand und mit einer halben Ehrenrunde auf der Tartanbahn zurück ins Sportstadion führte. Am Strand musste man sich entscheiden, entweder direkter über den Sand zwischen den Badenden die Posten anzulaufen oder doch lieber den Umweg über die dahinterliegende, befestigte Uferpromenade zu nehmen. Letztlich war die Route über den Sand die bessere, weil deutlich kürzere Wahl, wenn auch etwas kraftraubend. Und nach dem Zieleinlauf konnte man bei Bedarf gleich wieder zurück zum Strand und sich selbst im Meer abkühlen gehen.
Das Cityrace am Sonntag führte im Kontrast dazu durch die engen Altstadtgassen links und rechts der La Rambla - Barcelonas berühmtester Touristenmeile. Hier galt es einerseits immer schön mitzuzählen, um nicht in die falsche Gasse abzubiegen und andererseits "Kopf hoch!", um nicht versehentlich in einer der auch am frühen Vormittag schon reichlich vorhandenen Menschentrauben stecken zu bleiben.
Fazit: So unterschiedlich wie die einzelnen Länder kulturell sind, so vielfältig zeigen sich auch die Cityraces. Auf jeden Fall bieten sie eine gute Gelegenheit, Sport und Kultur miteinander zu verbinden. Wer dann noch ein Auge auf die Gesamtwertung hat, muss allerdings nicht nur schnell sein, sondern auch einen gewissen zeitlichen und finanziellen Aufwand nicht scheuen, schließlich kamen 2015 vier der insgesamt sechs Rennen in die Wertung. 2016 soll es sogar sieben Rennen werden. Ein paar neue Städte sind dabei - Ihr auch?
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