13.05.2016

Turbo-Trainingslager im sonnigen Süden und ein Siegerauto

von Wieland Kundisch

Himmelfahrt und kein 24er-Jahr. Ostsee-OL ist auch eher Geschichte. DHM laufen die Studenten, Sichtungsläufe die Kader. Also ab in den warmen Süden zum OL. Bewaldete Vulkanberge, grüne und gelbe Ebenen, weites Himmelblau. Keine 1,5 Stunden südlich von Florenz, von Elbflorenz. 1,5h – ohne Warten mit Vignette an der Grenze. Schokokuchen besänftigt das Knurren und hebt die Mundwinkel. Das nächste Stück Schokokuchen beim 3-Tage-OL ist über Kontakte zu unseren gelben Freunden schon vorbestellt.

Kurz hinterm Erzgebirgskamm beginnen Südeuropa und Urlaub. Pizza mit Knoblauch. Diese idyllische Terassenrastgaststätte mit Weitblick übers Elbtal und böhmische Mittelgebirge wird abgespeichert. Koordinaten gleich neben denen eines Geocaches. Selbst die Züge scheinen hier zu schlafen und rote Bahnampeln verträumt vor sich hinzublinken. Die Sonne taucht golden in die ferneren Berge ab.

Und wie geht jetzt „Tulipán“? An sich heißt Tulipan Tulpen. Sechs Ausgaben von je so drei Postennetz-Kurz-OL mit einigen Pflichtverbindungen, wobei auf diesen kein anderer Posten angelaufen werden darf, fanden seit 2010 an einem Tag statt (2014 als Teil der Deutschen-Park-Tour). Die siebte Ausgabe fand nun an zwei Tagen statt. 5 Läufe. In 30 Stunden. 8km klingen nicht ganz nach Mittelstrecke. Erst mal schlafen.

Werner und Karin Kraemer sind auch am Start. Und Helmut. Bei irgendeinem OL musste er ja sein. Der Start ist frei, also ohne Startzeit. Wie bei unserer Sprintserie. Die Schlange ist lang, aber schnell im Wald. Abstände egal. Man muss nur seine Bahnfarbe in Tschechisch kennen und dann sein Ding machen. War das jetzt optimal geplant? Bloß keinen Posten vergessen! Im Ziel fragt uns der Hauptverantwortliche, was besser sei, Vielposten-OL oder Tulipan. Er scheint die Höhenmeter des Vielposten-OL unserer Jugend mit einem Lächeln noch in den Beinen zu tragen. Heiko war es wohl, der auf die Idee eines Wochen-Tulipans kam. Dabei fing das Gejammer über schwere, leere Beine jetzt schon an. Ein Geocache 200m vom Startziel entfernt war nichtsdestotrotz zu erklimmen. Rückzu hielten wir bei einem Aussichtsturm – mit Geocache. Der Wind strich übers Feld. Die Sonne lachte.

Die zweite lange Mittelstrecke fand ebenfalls in einem Waldstück statt, allerdings rechtselbisch. Im Startmoment vermisste ich meinen Kompass. Gut, geht auch mal ohne. So war Auslaufen auf der Einlaufrunde Pflicht. Mein Kompass hatte anständig auf mich am sonnigen Wegesrand gewartet. Ein vertauschter Postencode auf der Karte der mittleren Strecke sorgte für Diskussion. Die Ausrichter werteten Fehlstempel, die dadurch entstanden, nicht als solche. Ist ja keine WM.

Das eigentliche „Drama“: Kein Bier im Ziel. Dafür ein Spielplatz. Und Süßes als Ersatz. Und dann noch ein Eis? Erst mal gucken, wie andere sporteln. Kanufahrer in einem Wildwasserkanal neben der Elbstaustufe direkt in Roudnice, wo „das OL-Postensymbol“ einige Wegweiser ziert. Dorthin ins WKZ mussten wir immer zum Auslesen. Pünktlich. Also los. Zwischenwertung inklusive. Connys Freude war groß, als sie Heiko Sekunden geschlagen hatte. Das passierte aber erst am Sonntag. Diesmal war sie Sekunden hinter ihm. Halbzeit. Eis verdient. Die Bedienung sprach Deutsch – als Muttersprache. Die Nächste Englisch, als Fremdsprache. Der letzte Lauf würde hier um den Markt stattfinden. Wir testeten schon einmal die steilen Treppen. Die Sonne schien immer noch. Auf der Rückfahrt Einkaufen. Wir Jungs halfen dem Wind Pusteblumen abzupusten. Obwohl unser Jüngster, Jakob, schon sehr Mann war, wie er seine (reinen) Postennetzbahnen so im Akkord absolvierte. Im Hotel bewegte uns nicht mehr viel. Außer Stadt-Name-Tier-..., wobei: das war Freitag. Also einem anderen Kinderspiel und der Frage, ob die 4. Etappe nun ein Mirkosprint so mit engstehenden Posten sei oder nicht. War sie diesmal nicht.

Der dritte Wald mit einer kürzeren Mitteldistanz war einerseits steil, anderseits grün, in Start- und Zielnähe beides. Das Bisschen Wiese dort hatten wir „Grünen“ schnell besetzt. Zum Sprint fühlte sich das Fleckchen Wiese rings um einen weiß blühenden Baum (keine Ahnung von Baumologie) wie ein Ausschnitt einer Woche Andalusien an. Der Spielplatz in der Sonne – ein Paradies für OL-Kinder. Ich war diesmal Zehnter in der Startschlange unmittelbar neben dem Spielplatz. Ich hatte noch eine Mission zu erfüllen. Nach meinem Lauf durch Stadt, Park und Wald lief ich mit unserer jüngsten Teilnehmerin die Fähnchenbahn. Aber wir verließen uns nicht auf die Bändel, sondern kürzten alles ab, was ging und „Papa“ feuerten wir zwischendurch auch noch 2-mal an und – waren das da am Wegesrand Tulpen? So eine rennende Freude trotz noch kurzer Beine, dass man schon Angst um sie bekam. Und keine Etappensiegerehrung. Immerhin Platz 3 gegenüber viel älteren Kindern. Wie groß können Kindertränen sein! Obgleich die Sonne strahlte.

Die Schlussetappe führte durchs Stadtzentrum bis runter zur Elbe: entweder konnte man nicht mehr rennen oder man hatte schon vergessen, dass man nicht mehr kann und rannte selbstvergessen, die Aufgabe im Visier. Hauptsache der Kopf spielte noch einmal mit. In die Postenreihenfolgeüberlegung lohnte es sich, das steile Gefälle des Stadthanges mit einzubeziehen. Und dann musste man noch pünktlich auslesen. Eine Straßenecke weiter. Sonst konnte es sein, man wurde zur (pünktlichen) Siegerehrung nicht aufgerufen. Oder verstanden wir „Magic“ nicht, der hinter André vom SV Bad Düben Zweiter wurde? Nein, irgendwie hatten sie sein Diplom vergessen. Kleine Keramik-Medaillen mit Tulpe drauf bekamen wir Alles-Läufer aber alle. Mögen die günstigen Läufe einfach gehalten sein, logistisch funktionierte alles präzise, ja elegant und mit Hingabe. Besonders auch was die drei Kinderbahnen anging.

Vielleicht können wir von unseren tschechischen Nachbarn lernen: Konzentration aufs Wesentliche und lockerer Umgang mit dem Rest. Die tschechischen Topläufer liefen parallel ihre Sprintmeisterschaften. Von daher sagen unsere Platzierungen nicht so viel. Conny, die „Hauptsache“ Post-Karin hinter sich ließ, sagte auf der Rückfahrt in Heikos Siegerauto oder war es vorher, jedenfalls sagte sie, bei der Tschechischen Mittelstreckenmeisterschaft zeigt sich, wer es drauf hat, jedenfalls so ähnlich, und als Titelverteidigerin müsse sie wieder teilnehmen. OL ohne Konkurrenz = langweilig? Das zwar nicht. Aber den größten Teil Spannung bringen wir uns wohl auch gegenseitig als Läufer in unseren eigenartigen Sport. Und „endlich“ hatte Connys Internet aus der Hosentasche auch mal – anstatt nur die Ergebnisse von Rahmenläufen preiszugeben – verraten, wie ihre/unsere Vereinsschützlinge und die Hochschüler so gelaufen waren.

    Ergebnisse - Fotos