05.07.2018

70. Jukola 2018 - Träum' ich noch oder lauf' ich schon?

von Wieland Kundisch

Machst du noch einmal mit? Werden wir uns besser platzieren als 2015? Und besser als „unsere“ Damen? Sehr unwahrscheinlich.

Rückblick: 2015 wurden sie 233. in der 4er-Frauenstaffel Venla und wir 230. in der 7er-Männer-und-Nichtmänner-Staffel Jukola. Sie waren damals Jugendliche und Juniorinnen und nur die Älteste, Paula lief 2018 wieder mit – mit ihren drei Elitekolleginnen Kerstin, Anna und Patschi. Und wir? Wir verjüngten uns. Jan und Wieland vom OK Leipzig sowie Karsten und ich traten wieder an, Tomi startete diesmal wie Sophie mit seinem Heimatverein Pihkaniskat. Markus lief dafür diesmal bei uns statt mit seinem schwedischen Verein Ärla IF. Zum ersten Mal dabei und dann gleich Startläufer war Pepa und Postler Anton machte die Sieben rund. Doch damit nicht genug: bei TU fanden sich auch ein zweites und drittes Jukolateam, also fast, zwei Gäste verstärkten das zweite (fast-Damen-)Team. Die Damen wollten es wissen – und lagen bis nach meiner Strecke, der „langen Nacht“ in der kurzen Nacht, vor uns. Meine „Schuld“ (trotz wenig Nacht blind, trotz oder wegen Pfaden planlos, trotz Schlafenszeit wach, wegen steiniger Unwegsamkeit ungelenk und unsicher, trotz oder wegen Essen „Bauch“) oder besser Deutschlands derzeit bester OLerin Susen sei Dank. Und besonders auch der zweiten starken Startstrecke von Kerstin. Also wenn Estland sie da nicht WM laufen lässt! Paula und Anna laufen WM. Patschi läuft nach ihrer Fußverletzung und wegen Prüfungen nicht. Doch! Studenten-WM ... in Finnland! Markus auch. Liefen schon einmal so viele TU-OLer*innen (ausgenommen Senioren) in einem Sommer internationale Meisterschaften? Konstantin und Josephine waren letztes Wochenende bei der JEM, Cedrik und Hannah mit Zweitstartrecht für uns sind ab nächstem WE bei der JWM, ... Alle am Trainieren (JWM-Training, WM-Training, WM-Sprint-Trainingswochenende), da bleibt wahrlich keine Zeit zum Reflektieren. Daher dürft ihr wieder mal was von mir lesen. Hätte Anatoly geschrieben, stände hier lediglich: „Geiler Crosslauf (Startstrecke), wunderschöne Wälder, gutes Wetter, viel Staub, lustige Rutschen, größere Trainings als Wettkämpfe bei uns.“ Das würde zumindest eine (Jukola-)Postkarte füllen.

Dass deutsche OLer*innen wie andere mitteleuropäische für ihre skandinavischen Vereine die großen skandinavischen Staffeln laufen, ist nix Ungewohntes, dass aber ein reines deutsches Vereinsteam antritt schon eher und dass dieses sich auch recht weit vorne platziert, bringt die Norweger dazu, unserem Verein beim Night hawk (4-8 Läufer*innen) zwei kostenfreie Staffeln anzubieten. Vielleicht nächstes Jahr oder übernächstes ...

Kerstin lief als Startläuferin in den Massen von 1518 platzierten Staffeln bei der Venla auf Platz 43 ein. Und Paula als Schlussläuferin lief 2m hinter Susen auf den 86.
Das konnten wir Herren bei der Jukola nicht unterbieten, aber die 200? Auch nicht. Aber unseren 230. Platz. Mit Platz 216 – von 1644 Platzierten.

Vorangegangen war der wilden Hatz bei Lahti durch Riesensenken und „ewig“ aufgewirbelten Staub zwischen tausend Gleichgewahnsinnten ein Trainingslager von der gleichen Spaßbadunterkunft aus wie 2012 schon. Nach den ersten 20 Quermetern steckte ich am Montag nach dem Vielposten-OL schon knietief im Sumpf. Halb dehydriert überlebte ich 12 finnische OL-km. Am Dienstag gelang mir OL in Ruhe super, ich fand alle Posten auf Anhieb, nach Kääriäinens Training nur die bereits abgehangenen nicht mehr. Am Abend liefen wir wieder eins der vielen offiziellen Trainings mit vielen OLern und diesen unhandlichen Emits, dafür in schönem, eiszeitgeprägtem Gelände. Am Mittwoch nutzen wir die Karten der Frühlingsstaffel rings um „unsere“ hübschen Häuser nach. Europa- und Weltmeister Olav Lundanes war 5min schneller gewesen – als unser schneller norwegischer Gast Havard. Am Abend teilte sich die Gruppe, also die die noch nicht pausieren konnten, auf zwei Trainings auf. Ich wollte zu dem, wo Tomi und Sophie halfen. Die Mücken auch. Pepa wollte beim anderen eine Felswand hoch, die nicht nachgab. Er rutschte auf den Fingern blutig wieder hinab. Am Donnerstag trainierten wir individuell: Anna suchte ihre Kontaktlinse im Wald am nahen See, vielmehr versuchte sie, sie wieder aufs Auge zu bringen, ich suchte die Posten, also Postenstandorte. Die Zeit wurde knapp: „Gut, ich rutsche, habe ja sonst wieder was verpasst.“ 2012 vermied ich es. Nach der ersten Wasserrutsche wusste ich wieder warum: ich sah an einigen Stellen aus wie Pepas Finger und es tat auch weh. Dafür tat das Schwimmen im stillen, klaren, kühlen Waldsee am Freitag und Samstag gut. Am Abend liefen wir die traditionellen Forssa Games, die nicht mehr als WRE zählten. Weltelite war trotzdem da und wir waren mittendrin, im wahrsten Sinne: Kerstin lief mit 3min Rückstand auf Platz 8, ich mit 5min auf Gewinner Olav L. auf Platz 10. Manchmal läuft es und manchmal ist Jukolanacht. Bei den letzten offiziellen Trainings mit „eigenen“ alten Karten irrte ich und fand ich mich wieder.
Neben Sauna- und riesigen Einkaufszelten wird selbst ein Gottesdienst bei der Jukola abgehalten. Mit kleinem, familiären Natursport hat diese Massenveranstaltung nichts zu tun.

Immerhin schaffte ich die „lange Nacht“, sah die Sonne aufgehen und weckte ich meinen Nachnachläufer, sodass er seinen Einsatz nicht verschlief bzw. verträumte, sondern lief.

Danke Staffel, dass ihr besser und gut lieft, Danke Reiseteam, dass wir zusammen planten, flogen, fuhren, taten, trainierten, aßen, quatschten und lachten (das sind diese zeitlosen Momente), und Danke Verein, fürs Startgeld und ein – langjähriges – Zuhause.

    unsere Fotos - offizielles Video - Ergebnisse Venla, Jukola - Ergebnisse Forssa Games - TU-Jukola 2015 - TU-Jukola 2012 - TU-Jukola 2004, meine erste