18.07.2019

Vier + eins Muskeltiere und viel Muskelkater

von Wieland Kundisch

Man kann es auch übertreiben! Ja, aber wenn man es nie übertreibt, lernt man seine Grenzen nicht kennen und kann sie auch nicht verschieben.
Durch die Rennsteigstaffel hatte sich eine "Laufgäng" gefunden, genauer hatte Philipp Müller vom Post SV, neben dem Berliner Marvin Goericke, Markus Grätsch und mich dafür gefunden respektive begeistert. Nach der Staffel wurde für uns vor dem Sachsentrail. Da wollte ich schon länger einmal mitmachen. Einmal reicht. Die Frage war nur, ob die 19km "Kinderstrecke" oder den "halben", die 34,4km. 70 Kilometer gab es auch noch im Angebot, aber wir hatten ja noch etwas anderes an dem Tag vor und wollten nicht so früh oder am Freitag anreisen. Nee, 70km war auch uns zu verrückt, vielleicht einmal, wenn wir alt sind. Die 19km hatte Moritz Döllgast schon einmal gewonnen. Sie wären beinahe mit unserer jährlichen Borsbergmeisterschaft (der OLer*innen) vergleichbar, die im Herbst ihr 25.Jubiläum erleben soll.

Pepa wollte auch mitmachen (und machte dann auch mit). Vor Ort bekamen wir auch noch einen Trainer: Karsten.
Überleben würde ich die 34km mit fast tausend Höhenmetern. Ich hatte vor 6 Jahren beim Zittauer Gebirgslauf als Ultralang-OL-Ersatz schon 36km mit einem vertikalem Kilometer bestritten. Die letzten 10km, erinnere ich mich, waren nicht leicht, aber ich wurde Dritter.

Auf dem Rabenberg ging es los - dort, wo dieses Jahr der MBO-Weltcup inklusive diverser MBO-Meisterschaften stattfinden soll. Wer meint, OLer*innen bekämen mit ihren Karten viel Papier in die Hand: "Trailer" bekommen viel mehr Werbeblätter vor dem Start gereicht.
Vor uns "Half-Trailern" waren erst einmal die "Kids" dran, vergaß der "Speaker"-Sprecher nicht zu wiederholen. Für die, denen 19km zu lang sein würden, gab es auch den "Fun-Trail". Der Spaß war immerhin 9,4km mit 300Hm. Überhaupt schien mir in diesem Paralleluniversum, neben dem starken Denglisch, viel auf Äußeres Wert gelegt zu werden.
Nachdem ich zwei Minuten vor dem Start über den Zaun in die dritte Reihe fiel, hob ich nicht meine Hände, wie der Mann mit Mikrofon uns alle aufforderte. Man kann folgen oder auch nicht.

Mit den ersten 2-3 Kilometern bergab über größtenteils kurvige "Singletrails" war das Rennen um die Podestplätze gelaufen. Wir OLer über die 34km - Marvin, Philipp und ich - begannen unseren dreisamen Dauerlauf. Zusammen liefen wir bis zur Grenze nach Tschechien, wo wir Marvin "verloren". Philipp hatte nicht nur prophezeit, dass uns niemand Konkurrenz sein würde, sondern auch, dass wir die ersten 15km zusammenlaufen würden. Das kam dann so in etwa. Durch das im wahrsten Sinne bisschen Banane-Verspeisen meinerseits an der dritten Verpflegungsstelle übernahm Philipp die Führung. Später, auf einem kurzen Asphaltstück bergab, zog er leicht weg. Karsten hielt uns am Fuß des langen Anstiegs in Serpentinen auf Fotos fest. Fest wurden auch langsam meine Beine.

Am vierten Verpflegungspunkt hörte ich Philipp das letzte Mal. Er fragte, wo es weiter ginge. Ich wusste es, schaute trotz Ausschilderung immer mal auf die Karte mit dem Streckenplan. Aber die war keine genaue OL-Karte und auch die rote Linie und die "Posten" stimmten nicht immer.
Durch einen Umweg wegen querliegenden Bäumen auf einem Höhenweg liefen wir nicht nur (auch höhenmäßig) etwas mehr, sondern kamen dafür auch noch einmal zum vierten der fünf Verpflegungspunkte. Am Anstieg davor sah ich Philipp das letzte Mal vor dem Ziel. Etwas mehr Tempo wäre für den Moment kein Problem gewesen, aber ich wollte mich nicht übernehmen, wollte keine Krämpfe riskieren. Der Muskelkater blieb lange genug, gut eine Woche.

Am Ende überholte ich einige "19er" (wie zwischendrin schon "70er") und einer mich im Zieleinlauf. Philipp hatte 4,5 Minuten vor mir gewonnen, so wie Markus Grätsch die 19km. Pepa war dort 8. geworden und gewann damit seine Altersklasse. Marvin lief zehn Minuten nach mir als Dritter ein – von über 200 Männern. Die 19km liefen über 250 Männer mit.

Hätten wir gewusst, dass wir zwei "Mingvasen" Bier (alkoholfrei) leeren müssen dürfen, hätten wir vielleicht auf das Zielbier (alkoholfrei) verzichtet. Aber diese Minuten neben Philipp, der vielleicht taktischer lief, auf jeden Fall kräftiger war, im Liegestuhl und Schatten (nach einem vielfach-Sachsentrail-Mitläufer war es wärmer als sonst), waren den Lauf und den Muskelkater allein schon wert.

    Ergebnisse - Fotos von uns - Philipp in der Presse