02.08.2019

BOHEMIA 2019 - Weniger ist auch gut.

von Wieland Kundisch

Zum 5-Tage-OL bei und von Jičín muss ich als Kind mal gewesen sein. Alle zwei Jahre versetzt richtet der OK Jiskra Nový Bor den 5-Tage-OL aus. Ich war das erste und letzte Mal 2005 dabei. Das ist eine Weile her, meine gesamte H21er-Zeit. Ich lief öfter SOW, O-Ringen und OO-Cup und den Mehrtage-OL, zu dem man innerhalb einiger Stunden hinradeln kann, nur einmal. Man verpasst zwar das Allermeiste im Leben, aber das geht so nicht, dachte ich, und ich fand zeitig gleichgesinnte Freunde. Für fünf Etappen Bohemia soviel Startgeld wie für eine Swiss-O-Week-Etappe bezahlen? Verrückt, ich bin ja kein Marathoni oder Trailrunner, die gewohnt so hohes Startgeld blechen. Ja, für den Landeskader ging es in die Schweiz. Gut, dann bin ich seit 2011 einmal nicht dabei. Aber selbst Seilbahnen hätte auch der nächste 5-Etappen-OL in Böhmen, genauer im Riesengebirge geboten. Tschechien steht den Skandinaviern und Schweizern (und Ungarn) nicht nach, was große OL angeht: letzten Herbst Weltcupfinale, wiederholt die CEYOC im Frühjahr, eben erst die 1. Studenten-/Uni-EM, bei der u.a. Paula Starke, die auch bei der WM mitläuft, mitlief, und 2021 die dritte Elite-WM in Tschechien, um nur aktuelle internationale Meisterschaften zu nennen. Und schönste (Fels-)Gelände, gute Karten(drucke) sowie ebensolche Bahnen obendrein. Was will Wald-OLer und Wald-OLerin mehr? Für einige aus Deutschland und unserem Verein war es genug.

Nein, die WM in Tschechien 2021 will ich nicht mitlaufen.
Nein, ich lief Bohemia nicht für Deutschland, schon gar nicht auf Sieg. (Das bestätigte ich nur im Spaß.)
Und nein, ich habe keine Bohemia-Etappe gewonnen. Das verneinte ich dreimal, weil es wirklich angenommen wurde. Gerüchte sind manchmal nicht leicht rauszuwaschen und Wünsche sind wie Insekten – krappelig-zappelig sowie meist nicht tot „zu kriegen“.
Jungs fragten und kamen trotzdem auf mich zu, die mich aus einem OL-Kalender kannten und als „Ultrameister“.
Posten im Grünen in der 1. Etappe ließen mich kreiseln und im OL-Urlaub und Wald vor Ort ankommen. Die 2. Etappe, eine Mittel in angrenzendem Gelände, ließ mich den Genuß am OL schnell wiederfinden, die 3. mein Vertrauen, dass es läuft, wenn man es ausgeglichen, mitdenkend und lenkend laufen lässt. Die ersten drei Etappen fanden in – nur verglichen mit der 4. und 5. Etappe – relativ flachen Wäldern direkt östlich Nový Bors und bei hohen Temperaturen statt, was wie z.B. SI vielleicht im Sommer bald unangenehme Normalität wird.
Die beiden Wochenendetappen wurden dann (nord)westlicher, südlich der Böhmischen Schweiz in steilem, recht diffizilem, gut kartiertem und klar gezeichnetem Felswald ausgetragen. Samstags diente allen eine 1:7.500-Karte für die zweite Mitteldistanz. Einmal wollte ich es mir nicht zu leicht machen und machte es mir zu schwer. Ein zweites Mal nahm ich die Umlaufroute statt die schnellere, direktere, kraxelte und fand mein Kompass ein paar Meter unter mir wieder, um gleich noch einmal zu kraxeln. Einmal verschätzte ich mich doch in der Entfernung und einmal stand ich zu hoch im Hang. Geniales Gelände, aber für ungeübtere Kinder waren auch die (nicht ausgeflaggten) B-Strecken zu schwer. Ich suchte nach einer Stunde eine junge Vereinskollegin und fand sie bald eher intuitiv. Danke an die österreichische Mutter, die neben anderen Kindern einem „unserer“ Mädchen geholfen hat. Ein Vorteil wenn es schwer ist: man hilft einander und kommt in Kontakt. Auch ältere Semester fanden es in den sandig-laubigen, fußaufreibenden Hängen und Schlotten hart. (Da war die Senioren-WM in Lettland sicher passender, weil wenig steil.) Die Schlussetappe wirkte luftlinienmäßig kurz, wurde es zeitlich aber nicht. Ich wählte mindestens einmal zu viel eine spannendere Querroute und verlor auf ihr Minuten. Josef Pepa Neumann, der für Turnov lief, auch und so platzte der mögliche Hauptgewinn für ihn. Plätze für die grüne USV-TU-OL-Fraktion sollen – obgleich es gar eine Vereinswertung gab – hier im Ferien-OL-Bericht einmal keine Rolle spielen, stehen in den Ergebnislisten.
In der HE gewann insgesamt ein WM- und EM-erfahrener Schweizer (12. im ersten Lauf, im Jagdstart bereits mit gutem Vorsprung) vor einem Tschechen vor einem Finnen vor einem Ungarn (Jugendeuropameister im Sprint-OL vor 16 Jahren). Ein Deutscher lief mit und freute sich dabei zu sein und die fünf OL am Ende „schlicht“ geschafft zu haben. Der Nationalteam-erfahrene, ältere tschechische Eliteherr vor ihm im Jagdstart hatte z.B. versäumt den Getränkeposten zu lochen. In der letzten Etappe lief auch Kerstin Uiboupin mit – in der Herrenelite.

Fazit: Wald tut sehr gut. Langsamkeit und Ruhe mitunter auch.
Offizielles OL-Training und Sprintstaffel und Bierstaffel kann man auch mal „verpassen“, weglassen.
Und reichlich 1500 Bohemianer*innen sind vielleicht 2500 OLer*innen weniger als beim Fin5, der jährlichen finnischen OL-Woche, die eine Woche zuvor stattfand ( auch mit USV-TU-OLern). Aber das ist auch einfach mal okay.

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