25.09.2019

Tschechische Meisterschaften Lang - Dabeisein ist alles?

von Wieland Kundisch

Um die Frage gleich zu beantworten: Nein, aber es ist schon mal grundentscheidend und schön.
Marek Novotný, OLer vom Ausrichterverein Tatran Jablonec, der seit einiger Zeit in Dresden studiert und trainiert, sagte vor Monaten, da müssten wir hin. Nun waren wir da, zwei Hände plus drei Finger voll OLer vom USV TU. In den Genuss, eine von Mareks Vater gelegte Bahn zu laufen, kam ich beim Qualifikationlauf am Samstag aber nicht, da ich für die Elite nicht qualifiziert genug schien. Marek konnte da nix ausrichten, das können die Ausrichter nicht. Die Kommission entscheidet, nicht unsere Staffelfindungskommission. Vor Jahren war es noch kein Ding als Deutscher in der Hauptklasse bei den Tschechischen Meisterschaften zu laufen, ist es bei den Senioren auch nach wie vor nicht. Die Dinge ändern sich. Vielleicht auch noch bei den Senioren –wenn Deutsche wie Hanka Straube (SV Lengefeld, auch noch tiefer startend) und Jens Leibiger (Post SV Dresden) den Tschechen die Titel „klauen“.

Ich hätte für eine Elite-Startberechtigung vielleicht Erfolge rauskramen und hinschicken können, aber ich wollte weder betteln noch noch mehr Schlafzeit reduzieren, sondern gab mich zusammen mit Karsten Leideck mit kürzeren Rahmenbahnen, genaugenommen Trainingsbahnen, zufrieden (8km statt 14km mit über 800Hm.) Zudem stand ein ungarischer Jugendsprinteuropameister in der Starter-reichen Startliste der längsten Rahmenkategorie T8 und ein Pole vom Militärteam gewann dann an beiden Tagen überragend vor mir und am zweiten Tag, trotz besserem Lauf, vor zwei Tschechen und mir. Konkurrenz war also auch dort vorhanden. Man will Konkurrenz, denn gegen niemanden oder als Elitemann gegen Kinder zu gewinnen, ist kein Gewinnen.

Dreimal so viele OLer wie inzwischen noch zu unseren nationalen Meisterschaften kamen ins Isergebirge nahe des Skiortes Bedrichovs auf eine sonnige, Hangwiese, auf der die Autos zum Glück dank trockenen Untergrunds nicht zu Tale rutschten. Vereinszelte, ein Großbildschirm, davor ein langer Zieleinlauf. Eine wünschte sich so eine Arena auch für Deutsche Meisterschaften. Ich schaute nach, in Tschechien leben über 10,5 Millionen Menschen, also reichlich ein Achtel von Deutschland. Pro Einwohner*in gerechnet gibt es in unserem Ostnachbarland also etwa 25-mal so viele OLer*innen wie hierzulande. Mathe. Das zeigt sich in der Professionalität der Spitzensportler*innen und Veranstaltungen, was die Qualität und den Einsatz in Deutschland nicht schmälern soll. Ist halt oft einfach so: Masse bringt Klasse. Obwohl ja auch dort nix perfekt ist. Ein Trainingsposten stand nicht exakt. Ich orientierte aber auch nicht stets exakt und wo ich mal schnell war, war ich auch schnell lädiert. ... Das Gelände macht wieder alles heil, offener Wald, dichter Wald(boden), Wald mit Bäumen, Steinen, Felsen, Steinbrüchen, Sümpfen, ohne Steine, flacher Wald, steiler Wald, mitteleuropäischer Mittelgebirgswald halt, schöner Wald.

Einige Vereinsmitglieder, an diesem Wochenende für Turnov startend, schauten nach ihren Qualiläufen eher enttäuscht ob ihrer Leistung oder lachten über diese. Conny, Cornelia Eckardt, hatte allerdings aussichtsreiche Ambitionen zu ihrem Tschechischen Mittel- und Sprintgold noch Langgold hinzuzufügen. Natürlich nicht geschenkt, es gab auch noch die tschechischen Konkurrentinnen Petra und Mária ...

Mir gefiel es nach der zweiten offenen Bahn derart, dass ich noch mal den halben Wald anschaute, der den anderen zur Quali gedient hatte. Das Finale am Sonntag fand südlich in noch ruppigerem, steinigerem, steilerem Gelände statt. Patschi, Patricia Nieke gewann – das C-Finale der D21. Kerstin Uiboupin wurde Dritte – im B-Finale D21. Friedmar Richter wurde Zweiter – im B-Finale H35. Pepa, Josef Neumann, wurde im H35-A-Finale Siebter. Heike Leideck wurde Vierte im B-Finale D55 und Hagen Nieke Zweiter im B-Finale H55, wo Klaus Hempel das A-Finale erreicht hatte. Erfreulich, dass mit Paul Hempel auch ein jüngerer Vereins-OLer dabei war ... Und Conny? Conny ist disqualifiziert? Sie brach ab, auf Goldkurs liegend, da sie ihre teure Brille in einem Dickicht verlor. Heiko Gossel, der schon am Vortag wandern musste, fand sie wieder, was Conny sehr erfreute. Conny nahm es gelassen, es seien ja „nur“ Tschechische Meisterschaften. Nicht, dass diese nicht schön seien, gerade das Gegenteil war der Fall, aber wir bleiben Ausländer. Und da ist Dabeisein(dürfen) schon viel, fast alles. Und man nimmt hin, was man bekommt, Sonne (wenn auch „zu heiß“ für Fastherbst) und nachts Sternenhimmel, man atmet Wald (gerne auch etwas länger und mal ganz ohne Schnee) und ist glücklich.

In der Elite gewannen die Mitfavoriten Denisa Kosová und Vojtěch Král, und wer wollte und es in der Sonne aushielt, konnte die Meisterschaftsduelle auf dem Bildschirm live mitverfolgen, gerade als sei es eine Elite-WM – die die Tschechen übrigens rückblickend bei den Schöne-Ferien-OL vor einem Monat mit ihren Stars auch übertrugen. Die (Wald-)WM, bei der auch einige Organisatoren von diesem Wochenende wieder mit beteiligt sind, findet 2021 gar nicht weit weg bei Doksy statt.

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