Vereinsjugend stemmt OL-Wochenende mit den meisten deutschen Teilnehmern 2020
Ich fragte mich im Winter 2008, warum wenige Topläufer viele Posten anlaufen und nicht viele Läufer viele Posten. Dass das die Geburt einer nun schon 12-jährigen Tradition wird, weiß man ja vorher nicht. Und dass diese durch Ausfall vieler anderer Veranstaltungen 2020 die meisten deutschen OLer in der Sächsischen Schweiz versammeln würde, wo erstmals eine – wieder – neue Karte für den Dresdner Vielposten-OL der TU-Jugend entstand, ahnte zu Beginn der Saison auch niemand.
Ich lief vor wenigen Jahren mal mit Micha (Mimö) Mösers und Jan Lunzes Karte der Nikolsdorfer Wände aus den 70ern und dachte zwischen den Felsen: „Toll und wie soll man das auf eine neue Karte bannen?“, und auf den Plateaus dachte ich: „Nee, schade, so ein Euft (Anm.: OLerlatein für dichten Bewuchs)!“
Der Gesamtleiter des Wochenendes Cedrik Klein fragte mich noch aus der Euphorie des 12. Vielposten-OL bei Wehrsdorf heraus nach dieser Karte und meinte ein wenig später: Das machen wir. Wahrscheinlich braucht es diesen jugendlichen „Überschwang“ um Großes anzufangen. Auf meinen OL-Karten zeichnete ich Sandstein bisher eher verarbeitet in rechtwinkligen Häuserformen. Ich musste erst drüber nachdenken: Mimö und Jan waren damals auch Studenten. Diesmal nahm Cedrik den Hauptteil auf, Basti fand arbeitend wenig Zeit dafür (sein Kartenteil ist unveröffentlicht) und als Markus „floh“, musste Bahnlegerin Paula noch mehr ran, wobei Leon vom SC Helsa half. Und auch bei der Jugend vor Ort waren Helfer dabei, die (noch) nicht unserem Verein angehören und die jungen Leute hatten in Nikolsdorf auch noch Freude am Organisieren, ob beim Kuchenverkauf mit Maske und Handschuhen oder beim Postensetzen ohne Maske und Handschuhe.
Bis 27 Jahre zählt man in Sportvereinen als Jugendlicher, einige Ältere halfen bereitwillig. Mein Vater bereitete ja auch wie immer die SI-Stationen vor. Da sei es verziehen, dass er unterwegs im Wald prompt einen Posten überlief. Das werden ja auch immer mehr. Wo führt das nur hin? Folgt man der Tradition von einem Posten mehr pro Jahr, kommen 2100 die 6er-Chips, die heute gut ausreichen, an ihre Grenzen. (Die SIACs bereits 2036.) Diese können – im „Vielpostenmodus“ der Stationen – 192 Posten speichern. Dies gilt aber nur, wenn man nicht mal eben den übernächsten Posten locht und zurückläuft. Das schaffte ich diesmal mehr als einmal.
Die sachlichste Rückmeldung, die ich direkt nach dem Lauf hörte: „Danke an die Jugend, auch wenn es schwer für mich war.“ Die 112 Posten der langen Vielposten-OL-Bahn standen allesamt an Felsen, Steinen oder Felstürmen. Die Karte wies dementsprechend viele Felsformationen auf. So gingen denn auch die Meinungen zur Karte etwas auseinander: Böhmenkartenverwöhnte (nicht zu verwechseln mit (Rolf-)Böhm-Karten, die es u. a. auch von den Nikolsdorfer Wänden gibt) OLer fanden sie nicht „perfekt“. Vor allem aber auch Nichtsachsen freuten sich über das Gelände und zollten den Kartierern großen Respekt für das Erstlingswerk. Und die meisten der etwa 350 Teilnehmenden fanden ja wohl alle ihre Posten. Zudem hängt Postenfinden auch sehr vom Postenfinder ab. Ein Kartenaufnehmer meinte beim Laufen selbstkritisch: hätte er jetzt anders gezeichnet. Vielleicht fassten es anwesende tschechische OLer am passendsten zusammen: weitestgehend korrekte Karte, mit der man gut arbeiten konnte, aber eben anders – „deutsch“, nicht „tschechisch“. Und „unperfekte“ Karten sind doch super: Da kann man seine Fehler noch besser auf die Karte schieben. ;-)
Aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Thüringen und noch weiter her waren einige Gäste angereist. Ich freute mich über fröhlich und dankbar lächelnde Gesichter. Sind diese, womöglich trotz größerer Suchaktionen im Wald, nicht die Gewinner? Ich bin mit meinen Suchaktionen schon auf dem Weg dahin, trotzdem zufrieden zu sein, wollte wohl aber immer noch zu viel.
Die Sächsische Meisterschaft Mittel als samstäglicher Auftakt zum Wochenende klang mir nicht zu lang (km), war sie dann dennoch (Zeit). Bahnleger Anton hatte im Sommer nach seinem Abi ein Training übernommen und eins fürs Trainingslager vorbereitet, wobei ich ihm Hinweise gab, auch in dem Wissen, dass er hier Bahnen legt. Bahnen laufen und legen sind 2 Paar OL-Schuhe.
Bei den Laufergebnissen schnitt unsere Damenelite gut ab: Anna R. gewann die Hauptklasse der SM Mittel, Kerstin U. vor Mara den Vielposten-OL in der (inoffiziellen) Damenwertung.
Der junge, deutliche HE-Sieger aus Tschechien ist so alt wie Konstantin, der die H18 fehlerfrei klar dominierte, wenn auch „außer Konkurrenz“, weil er eben auch die Karten aufhübschte und 5 von seinen 12 Posten zuvor schon persönlich kannte.
Sächsische Mittelstreckenmeister neben Anna Reinhardt (DE) wurden von uns: Anna Holfeld (D12) und Karl Rudolf Jobke (H12), der am Folgetag auch die Moosmutzelbahn gewann, Tomi Kääriäinen (H35), Cornelia Eckardt (D40), Dana Klein (D45), Kerstin (D50) und René Hellmann (H55), Heike Leideck (D55), Ingrid Grosse (D70) sowie Helmut Conrad (H75).
Die Läufer der langen Vielpostenstrecke kamen in den Genuss, das bekannte (Fels)Labyrinth, in dem sich auch viele Wanderer tummelten, im Mittelteil der Strecke mit Kartenmaßstab 1:1500 statt 1:7500 zu durchlaufen. Die kurze Bahn lief generell mit 1:4000.
Jens Rathmann vom SV Schmalkalden filmte unterwegs – wir dürfen gespannt sein.
Mehr als sonst schienen mir die Begegnungen und Gespräche auf der Wettkampfwiese angenehm. Irgendwann ist es vorbei, das Leben. Bis dahin soll es doch aus schönen Momenten bestehen.
Zwischenmenschlicher Austausch und Begegnungen sind gerade jetzt wichtig für das Wohlbefinden, auch wenn sie nur unter strengen Hygieneauflagen erfolgen können.
Der größte deutsche OL des Jahres bleibt der Vielposten-OL 2020 dann vielleicht doch nicht. Der soll nächsten Samstag folgen (wenn kein „Ist-nicht“ dazwischenfunkt), da zur deutschen SAXBO-Etappe sehr viele Tschechen meldeten.
Die Jugend ist die Zukunft. Ein großes DANKE und wir lassen euch nicht alleine. Wir machen mit!
alle Ergebnisse - erste Fotos - Video SM Mittel - Video Vielposten-OL