24.06.2022

Jukola 2022 - eine Anleitung wie man nicht reisen sollte

von Anna Wartewig

Normalerweise läuft OL so: Samstagmorgen: alle frühstücken in Ruhe, packen dann ihre Sachen ins Auto oder begeben sich zu ihrer Mitfahrgelegenheit oder Verkehrsmittel ihrer Wahl. Anschließend reist man mehr oder weniger entspannt bis zum Wettkampfzentrum, läuft seinen Lauf, kann oft am nächsten Tag noch einen Wettkampf dranhängen und fährt dann glücklich und zufrieden am Sonntagabend wieder nach Hause.

Und dann gibt es noch verrückte TU-OLer, die meinen, diese Tour nach Finnland zur weltgrößten Nachtstaffel machen zu müssen, was die ganze Sache schon einen Schritt komplizierter macht. Aufstehen: Freitag früh um 6. Kein Frühstück zu Hause, sondern nur schnell Brote für unterwegs schmieren. Für das Erlebnis der besonderen Art sollte man dann verpeilen, dass die Fernbusstation nicht mehr am Hauptbahnhof in Dresden liegt, sondern nun an der Ammonstraße/Budapester Straße. Übrigens ist das für die nächsten 2 Jahre so. ;) Kleiner Tipp: 7 Minuten Sprint vom Hauptbahnhof zum Bus mit vollem Gepäck sind perfektes Morgentraining.

Nächste Aufgabe: sich von Hiobsbotschaften nicht aus der Ruhe bringen lassen. Das sollte so ungefähr das Motto fürs Wochenende werden. Hiobsbotschaft Nr. 1: alle Flüge von Berlin nach Helsinki werden gestrichen. Ein Glück haben einige von uns den Flug von Prag gebucht. Und die haben sogar das Tunnelzelt und die orangene Stabiplane mit im Gepäck, sonst hätten wir alle ganz schön im Regen gestanden.

Dann sollte man dafür sorgen, beim Boarding festzustellen, dass sein Personalausweis vor 3 Tagen abgelaufen ist. Trainiert die Nerven durch Zerreißprobe und sorgt für Adrenalin bei allen Beteiligten. Kann nie schaden vor so einem großen Lauf. Ein Glück gibt es nette Stewardessen.

Ist man dann einmal im Land seiner Wahl angekommen, sollte man darauf achten, sein Gepäck als verloren anzumelden. Das kann zurzeit gerne auch schon auf Verdacht im Voraus geschehen, insbesondere bei Flügen mit Zwischenstopp. Unsere Erfolgsquote bei Flügen mit Umstieg lag bei 1:5. Zum Glück sind wir bei der Jukola. Da wird das Gepäck am nächsten Tag an die Adresse des Wettkampfzentrums geliefert und es gibt reichlich Menschen, die mit Schuhen, Schlafsäcken, Isomatten und warmen Sachen aushelfen können.

Für größtmögliche Spannung sollte man auch vermeiden den Wetterbericht im Voraus zu lesen. Es gibt nichts Schöneres als in Helsinki festzustellen, dass für Samstag Dauerregen angesagt ist. Sneakers und Wolljacken sind hierfür die angesagten Accessoires. Regenponchos sind was für Anfänger.

Nach 3 Stunden Zugfahrt haben wir dann das Dorf Mynämäki mit eigens angelegtem bzw. vergrößertem Bahnhof erreicht. Dann ist es auch nicht mehr weit bis zum riesigen Zeltplatz für die 12.000 Teilnehmer. Und tatsächlich: das abends zuvor reparierte und neu zusammengestellte Zelt scheint zu halten. Selbst dem Regen am nächsten Tag hält es stand.

Sehr beeindruckend ist wieder die Zeltstadt, die von der finnischen Armee in den Wald gebaut wurde. Es gibt wieder klassische Militärzeltsiedlungen, eine Waldkirche, etliche Sanitärgebäude der Marke Eigenbau und natürlich eine riesige Arena inklusive Einkaufszentrum, Essensbuden und Leinwand für die TV-Liveübertragung direkt aus dem Wald. Alles da, was das OLer-Herz begehrt.

Ab Samstagmittag wurde es zunehmend voller auf dem Zeltplatz und in der Arena. Pünktlich zum Start der Venla um 14 Uhr ließ auch der Regen langsam nach, bevor er die ersten und zweiten Läufer der Jukola nochmal richtig einseifte. Zu diesem Zeitpunkt waren selbstverständlich bereits alle Wege und Pfade im Wettkampfzentrum sowie im Wald zu Sümpfen mit Moorpotenzial geworden. Special Challenge hierbei: Gummistiefel einfach zu Hause lassen!

Nun aber mal zum sportlichen Teil: Wenigstens da muss ja mal Erfolg vermelden zu sein, oder nicht?! Keine Sorge, da haben wir uns natürlich ordentlich angestrengt. Und nach den 4 Läuferinnen in der Reihenfolge Kerstin Uiboupin - Dorothea Müller - Anna Wartewig - Anna Reinhardt, alle mit tollen Leistungen im Wald, stand dann der Erfolg fest. Erfolgreich disqualifiziert wegen Kartenklau bei einer anderen Mannschaft. Nun ja. War trotzdem cool im Wald, schön skandinavisch, mit zahlreichen Felsplatten und diffizilen Höhen, gut belaufbaren Hochwaldpassagen im Wechsel mit offenen Sumpfgebieten. Da konnten sich die Jungs auf was freuen.

23 Uhr ging es für die Jukolaläufer in der Reihenfolge Anatoly-Sebastian-Karol-Kerstin-Olu-Cedrik-Markus in den Wettkampf. Mit der hohen Startnummer 1226 bedacht, hatten sie eine ordentliche Aufholjagd vor sich und freuten sich am Ende über einen tollen Platz 195 mit einer Laufzeit von 11h21 und 3h24 Rückstand auf die Sieger von Stora Tuna OK aus Schweden. Bei den Damen gewannen auch Schwedinnen - vom IFK Göteborg. Bereits um 4 Uhr morgens brauchte man keine Kopflampe mehr, da die Sonne schon wieder aufgegangen war und so richtig dunkel wurde es in der Zwischenzeit auch nicht. Schon schön im Norden.

Unser Fazit vom Wochenende: unter allen Umständen ist die Jukola eine Reise wert, cooler Wettkampf und top Stimmung. Das nächste Mal lieber mit mehr Teilnehmern im Trainingslager davor und danach gern auch mit der nötigen Konzentration im Kartenwechsel.

Stand jetzt nur noch die Rückreise bevor. Um niemanden zu langweilen, kürze ich das Ganze etwas ab. Es war das gleiche Chaos wie auf der Hinreise inklusive ungeplanten Übernachtungen auf Flughäfen, verloren gegangenem Gepäck usw. Irgendwann im Laufe der Woche trudelten alle Läufer und Gepäck dann wieder in den angestammten Orten ein, vollgepackt mit schönen Erinnerungen an ein aufregendes Wettkampfwochenende und mit Vorfreude auf viele weitere davon.

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